Das Bundesverfassungsgericht hat erfolgreich vermieden, zur Verfassungsmäßigkeit der Wehrpflicht Position beziehen zu müssen. Eine Vorlage des Verwaltungsgerichts Köln, das die Wehrpflicht wegen eklatanter Verletzung der Wehrgerechtigkeit – nur noch jeder Fünfte muss zum Bund – für verfassungswidrig hält, hat die 1. Kammer des Zweiten Senats als unzulässig abgeschmettert. Die Kölner Verwaltungsrichter hätten unter anderem verabsäumt, eine
eingehende Würdigung der einzelnen Wehrdienstausnahmen, Befreiungstatbestände und Zurückstellungsgründe sowie der Verfügbarkeitskriterien und - im Wege einer Gesamtschau - der Prüfung der Auswirkungen des Zusammenwirkens sämtlicher Einzelregelungen auf das Gebot der Wehrgerechtigkeit
vorzunehmen. Außerdem hätte das Verwaltungsgericht
verfassungsimmanente Grenzen des Gebots der Wehrgerechtigkeit - etwa im Hinblick auf veränderte Anforderungen an die Verteidigungsbereitschaft vor dem Hintergrund der Integration der Bundesrepublik Deutschland in transnationale Sicherheitssysteme - zu würdigen gehabt.
Was ist das wohl? Ein vornehmes Muster verfassungsrichterlicher Selbstbeschränkung? Ein indignierter Seufzer, dass man sich gefälligst mehr Mühe zu geben habe, bevor man Karlsruhe mit solchen Fragen belästigt? Eine Blaupause für den nächsten Verwaltungsrichter, den der wehrverfassungsrechtliche Hafer sticht? Oder eine codierte Form von „Vergiss es!“?