8. November 2010

Maximilian Steinbeis

Verfassungsrassismus, die tragikomische Variante

Die USA, dieses geplagte Land, hat die spannende Welt des Verfassungsrechts um eine weitere Kuriosität bereichert: Eine Verfassung, die den Richtern des Landes verbietet, internationales Recht zu berücksichtigen.

Die Bürger von Oklahoma haben mit einer Mehrheit von 70 Prozent für ein Referendum gestimmt, das die Landesverfassung entsprechend ändert. Was vermutlich damit zu tun hat, dass gleichzeitig auch noch die Anwendung der Sharia verboten wird:

The courts shall not look to the legal precepts of other nations or cultures.  Specifically, the courts shall not consider international law or Sharia Law.

Sharia Law hin oder her, das ist Verfassungsrassismus. Das ist Recht vom Geiste der Anti-Miscegenation-Laws. Das ist eine ins Juristische projizierte Reinblütigkeitsfantasie.

Im Übrigen ist das auch sagenhaft bescheuert. Ich möchte mal sehen, was passiert, wenn ich – was Gott verhüten möge – nach Oklahoma ziehen müsste und dann dort, sagen wir mal, mich scheiden lassen will.

Eklatant verfassungswidrig

Aber natürlich geht das alles sowieso nicht. Verfassungswidrigeres Verfassungsrecht ist mir nie begegnet. Die Richter in Oklahoma sind zu allererst an die Verfassung der USA gebunden, und die lässt Art. VI Abs. 2 keine Frage offen:

This Constitution, and the Laws of the United States which shall be made in Pursuance thereof; and all Treaties made, or which shall be made, under the Authority of the United States, shall be the supreme Law of the Land; and the Judges in every State shall be bound thereby, any Thing in the Constitution or Laws of any State to the Contrary notwithstanding.

Das heißt, die Verfassung von Oklahoma ist künftig, nun ja, nicht mehr recht ernst zu nehmen. Einen Riesengefallen haben die Typen da der Reinheit ihres Rechts getan…

Update: Ein Gericht hat jetzt die Verfassungsänderung vorläufig suspendiert.


(c) Jesse Fettkether, Creative Commons

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