2. März 2011

Maximilian Steinbeis

Unternehmen haben keine Privatsphäre

Ein Telefonkonzern kann sich nicht nackig machen. Weshalb es nur konsequent ist, dass der US Supreme Court dem Telefonriesen AT&T gestern das Recht absprach, sich gegenüber dem Freedom of Information Act auf „personal privacy“ zu berufen.

Das hatte AT&T versucht mit dem Argument, schließlich sei das Unternehmen eine juristische Person, also müsse es doch auch „personal“ privacy genießen dürfen.

Das einstimmige Votum aus der Feder von Chief Justice John Roberts dreht sich ausschließlich um die Frage, wie die Worte „person“ und „personal“ zusammenhängen. Roberts‘ Argumente als juristisch zu bezeichnen, fällt mir schwer:

Adjectives typically reflect the meaning of corresponding nouns, but not always. Sometimes they acquire distinct meanings of their own. The noun “crab” refers variously to a crustacean and a type of apple, while the related adjective “crabbed” can refer to handwriting that is “difficult to read,” Webster’s Third New International Dictionary 527 (2002); “corny” can mean “using familiar and stereotyped formulas believed to appeal to the unsophisticated,” id., at 509, which has little to do with “corn,” id., at 507 (“the seeds of any of the cereal grasses used for food”); and while “crank” is “a part of anaxis bent at right angles,” “cranky” can mean “given to fretful fussiness,” id., at 530.

Mit solchen semantischen Kaminfeuergrübeleien geht das noch eine ganze Weile weiter, apropos fretful fussiness, bis zu folgendem denkwürdigen Schlusssatz:

We trust that AT&T will not take it personally.

Hoheiten belieben zu scherzen, was?

Nennt mich humorlos, aber ich mag keine auf Lebenszeit ernannte Richter, die sich über die Fälle, über die sie zu richten haben, lustig machen. Noch dazu solche, die an anderer Stelle, wo es um erheblich mehr geht, überhaupt nicht zögern, Unternehmen genügend Persönlichkeitsrechte zuzubilligen, dass es für ein republikanerfreundliches Ergebnis reicht.

Die Frage, welche Grundrechte in welchem Umfang auch Unternehmen schützen, ist alles andere als trivial. Aber in dem Fall geht das Ergebnis sicher in Ordnung. Wenn man sich ansieht, wie das BVerfG im Mikrozensus-Urteil das Recht auf Privatsphäre verankert – Stichwort „Innenraum, in dem man sich selbst besitzt, in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit genießt“ – dann fällt es schwer zu glauben, dass AT&T hierzulande bessere Chancen gehabt hätte.

Mehr zu dem Urteil hier und hier. Und hier.

Foto: Ricky Montalvo, Flickr Creative Commons

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