21. August 2011

Maximilian Steinbeis

Libyen: Vom Schleier der Unwissenheit

Die Ära Gaddhafi scheint sich tatsächlich ihrem Ende zuzuneigen. Es gibt auch schon einen Entwurf des rebellischen nationalen Übergangsrats für eine Übergangsverfassung, und darin findet sich in Art. 29 (und in Art. 33 merkwürdigerweise nochmal) folgende bemerkenswerte Klausel:

The members of the Transitional National Council, of the interim government and of the local councils may not nominate or assume the positions of the President of the state, the membership of the legislative councils and ministerial portfolios.

Das heißt, dass die Helden der Revolution, die gerade Gaddhafi stürzen und das neue Libyen gründen, in demselben keinerlei politische Rolle spielen dürfen. Das ist extrem einschneidend.

Der Gedanke ist, damit zu gewährleisten, dass sich die Staatsgründer den Staat nicht nach ihren eigenen Interessen zurecht schneidern: Wenn sie in diesem Staat keine Macht erwerben und ausüben können, dann ist ein Zustand ähnlich dem Rawls’schen Veil of Ignorance hergestellt. Dann kann die neue Verfassung zu einem wirklichen Gesellschaftsvertrag werden.

Kann das funktionieren? Oder führt das dazu, dass die wirklich mächtigen Leute nur ihre Minions in die Übergangsämter setzen und selbst im Hintergrund bleiben? Schließlich ist man in Libyen schon seit langem gewohnt, von jemand regiert zu werden, der überhaupt kein nominelles Amt ausübt…

(via Comparative Constitutions Blog)

Update: Das Dokument ist schon wieder veraltet. Stattdessen gibt es jetzt eine Verfassungserklärung. Details dazu hier.

Foto: Al Jazeera English, Flickr Creative Commons

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