Die Bundesregierung vertritt zwei Ansichten zum Fiskalpakt. Mir scheint, dass sie sich widerspechen: Zum einen bedürfe dieser der Zustimmung einer verfassungsändernden Zwei-Drittel-Mehrheit. Zum anderen gelte dieser auf ewig und sei unkündbar. Einmal offen lassend, ob letzteres stimmt (es erscheint zweifelhaft und wir reden auch sonst bei völkerrechtlichen Verträgen nicht von „Ewigkeit“), es könnte doch nur richtig sein, wenn ersteres falsch wäre. Denn das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit kann sich, soweit ich sehe, nur aus Art. 23 Abs. 1 S. 3, 2. Alt. GG ergeben. Um dessen Anwendbarkeit zu rechtfertigen, müssen wir das zwischen Völkerrecht und Europarecht stehende Gebilde des Fiskalpaktes auf der Seite des Europarechts einordnen. Dafür sprechen gute Gründe. In diesem Fall können wir aber umgekehrt nicht einfach rein völkerrechtliche Austrittsregelungen auf den Fiskalpakt anwenden. Für den Austritt aus dem Pakt gelten dann vielmehr die Bedingungen, unter denen wir aus der EU austreten können, zumindest aber können wir ihn verlassen, indem wir austräten: Art. 50 Abs. 1 EU gibt der Bundesrepublik dazu das materiell unbeschränkte Recht.
29. März 2012
Christoph Möllers