29. Mai 2014

Filip Bubenheimer

Das gelöschte Feststellungsinteresse: BVerwG weist Klage gegen BND-Überwachung ab

Schon an der Zulässigkeit scheiterte heute vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Klage gegen die strategische Kommunikationsüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst (BND). Der Berliner Rechtsanwalt Niko Härting hatte eine Feststellungsklage gegen die Durchforstung des Datenverkehrs anhand von Schlagworten angestrengt. Doch die Richter des 6. Senats waren nicht davon überzeugt, dass Härting vom sogenannten „Staubsaugerverfahren“ überhaupt betroffen war.

Tausende Suchbegriffe stehen auf der Liste des BND, mit deren Hilfe der Dienst im internationalen Internet- und Telefonverkehr nach verdächtigem Gedankenaustausch sucht. Dieses „Staubsaugerverfahren“ wenden auch andere Dienste wie die NSA an – als Schlagwörter dienen dabei so ausgefallene Begriffe wie „Bombe“. Im Jahr 2010 landete die Schlagwortsuche immerhin 37 Millionen Treffer. Nachdem – wie auch immer das geschieht – aus dieser Menge die Schnellkochtopfträume von Hobbyköchen und der dirty talk an das „schmutzige Bömbchen“ aussortiert wurden, blieben immerhin noch 213 „nachrichtendienstlich relevante“ Ergebnisse.

Angesichts des Umfangs der Schlagwortliste ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass auch der ein oder andere Rechtsanwalt Teil des nachrichtendienstlichen Beifangs wird. Der Kläger vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Berliner Rechtsanwalt Niko Härting, sah sich besonders gefährdet: Er korrespondiere seit vielen Jahren per E-Mail mit ausländischen Mandanten und Kollegen und sei auch Mitglied internationaler Anwaltsorganisationen. Die umfangreiche Erfassung des E-Mail-Verkehrs sei unverhältnismäßig und verletzte ihn in seinem Fernmeldegeheimnis.

Doch der Versuch, das für die Zulässigkeit notwendige Feststellungsinteresse zu konstruieren, scheiterte am Bundesverwaltungsgericht und dem bewährten Argument: Da kann ja jeder kommen. Aus der schieren Möglichkeit, Gegenstand einer Überwachungsmaßnahme zu sein, ergebe sich noch kein Feststellungsinteresse – dafür müsse nämlich feststehen, dass der Kläger konkret betroffen war. Ob der Anwalt Härting tatsächlich ins Netz des BND ging, kann aber niemand wissen. Denn die gesammelten Daten sind, ganz nach Vorschrift, längst gelöscht, und auch das Löschprotokoll wurde gelöscht.

Auch für den Kläger dürfte es nicht ganz überraschend kommen, dass die Klage schon an der Zulässigkeit scheitert:  Der Gesetzgeber wollte nicht, dass sich die Geheimdienste von den Verwaltungsgerichten auf die Finger schauen lassen muss – an deren Stelle gibt es ja die G10-Kommission, der das BVerwG, zumindest in der Pressemitteilung, „unabhängige und effektive Kontrollbefugnisse“ attestiert.

Der Kläger hat bereits angekündigt, dass er Verfassungsbeschwerde einreichen wird: „Mund abputzen und weitermachen. Auf geht’s zum BVerfG“.  Gut für ihn, dass dabei an die Beschwerdebefugnis geringere Ansprüche gestellt werden als an das Feststellungsinteresse vor dem Verwaltungsgericht: Gerade die große Streubreite einer Maßnahme und die Möglichkeit, zufällig erfasst zu werden, begründen die unmittelbare Betroffenheit.

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