Ein „Parlamentsheer“ ist die Bundeswehr nur bei Einsätzen im Ausland. Soweit sie innerhalb der deutschen Grenzen Soldaten in Marsch setzt, braucht die Bundesregierung den Bundestag nicht zu beteiligen. Bundeswehreinsätze im Inneren gehen den Bundestag nichts an – so wenig, dass er sie nicht einmal per Organklage in Karlsruhe überprüfen lassen kann.
Das hat das Bundesverfassungsgericht soeben bekannt gegeben. Anlass war der Einsatz von Spähpanzern und Aufklärungs-Tornados gegen Demonstranten beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007.
Art. 87a II GG, der den Bundeswehreinsatz im Inneren auf konkret im Grundgesetz benannte Fälle beschränkt, hat laut 2. Senat nicht zum Zweck, die Kompetenzen des Bundestages zu schützen. Wenn ein Einsatz verboten ist, dann können sich die Betroffenen unter Berufung auf ihre Grundrechte dagegen wehren, aber nicht das Parlament unter Berufung auf seine Zuständigkeiten:
Der Organstreit ist keine objektive Beanstandungsklage. Das Grundgesetz hat den Deutschen Bundestag als Gesetzgebungsorgan, nicht aber als umfassendes „Rechtsaufsichtsorgan“ über die Bundesregierung eingesetzt. Aus dem Grundgesetz lässt sich kein eigenes Recht des Deutschen Bundestages dahingehend ableiten, dass jegliches materiell oder formell verfassungswidrige Handeln der Bundesregierung unterbleibe.
Die präzise Einordnung dieser Entscheidung in die Atomwaffenstationierungs-AWACS-Afghanistan-Rechtsprechungskette des BVerfG will ich gern Berufeneren überlassen. Aber prima facie fällt mir schon auf, dass dem Parlament hier seitens des Zweiten Senats wieder mehr Kühle entgegengebracht wird als jüngstens.
Parlamentsvorbehalt nach außen, und nach innen nicht?
Merkwürdig finde ich die scharfe Unterscheidung zwischen Innen und Außen gerade in Hinblick auf die Parlamentsbeteiligung.
Das BVerfG hat 1994 mit promethischer Kraft aus der Tiefe des „Gesamtzusammenhangs wehrverfassungsrechtlicher Vorschriften“ deutscher Art und Geschichte den Parlamentsvorbehalt für bewaffnete Bundeswehreinsätze gezogen. Ziel: Die Exekutive sollte im demokratischen Verfassungsstaat nicht länger uneingeschränkt über das Machtmittel Militär verfügen können.
Ob das tatsächlich so im GG steht, darüber streiten sich die Experten bis heute. Aber das ist egal. Das gilt so, und verfassungspolitisch jedenfalls wird ja auch niemand dagegen sein.
Das gilt aber der heutigen Entscheidung zufolge nur für den Außeneinsatz. Im Inneren gebe es ja Art. 54a III und IV GG: Da übe das Parlament sein Recht auf Mitsprache aus, indem es den Verteidigungs- bzw. Spannungsfall erklärt und die Truppen im Katastrophenschutzeinsatz gegebenenfalls zurückruft. Und damit müsse es mal gut sein.
Ein allgemeines Zustimmungsrecht des Deutschen Bundestages in Bezug auf konkrete Verwendungen der Bundeswehr im Inland, seien es bewaffnete oder unbewaffnete Verwendungen, ist dem Grundgesetz nach den Ausführungen des Senats daher gerade nicht zu entnehmen.
„Seien es bewaffnete oder unbewaffnete Verwendungen“. Was Caesar in Gallien mit seinen Truppen anstellt, unterliegt also penibelster Kontrolle des Senats, aber sobald er den Rubikon überschreitet, hat dieser nichts mehr zu kamellen?
