Dass das Bundesverfassungsgericht eine Institution der Aufklärung ist, zeigt dankenswerterweise wieder einmal der heute veröffentlichte Beschluss, eine Verfassungsbeschwerde gegen den neuen Teilchenbeschleuniger am CERN in Genf nicht zur Entscheidung anzunehmen.
Wenn ich das richtig verstehe, haben die Beschwerdeführer Angst, dass der Teilchenbeschleuniger ein Mini-Schwarzes-Loch entstehen lässt, in dem dann – puff! – die ganze Welt mit Mann und Maus und Erde und Planetensystem verschwindet wie der Dreck unterm Teppich im Staubsauger.
Zu den Sünden meiner Jugend gehört zwar auch ein unglückseliges Semester Physik an der TH Darmstadt, aber ich verstehe nicht annähernd genug von der Sache, um über die möglichen Gefahren eines Large-Hadron-Colliders eine fundierte eigene Meinung zu haben.
Dieses rätselhafte gewaltige Experiment, bei dem unvorstellbar kleine Teilchen mit unvorstellbar hoher Energie aufeinanderprallen und dabei in unvorstellbar kurzer Zeit Unvorstellbares passiert – da kann man es schon mit der Angst kriegen.
Apokalyptiker
Früher ist ständig was Unvorstellbares passiert, mal hat es roten Sand (= Blut) geregnet, mal ist ein komischer Stern am Himmel erschienen, mal sind alle Kühe gestorben, und jedes Mal waren sich die Leute sicher: Das muss doch was bedeuten, und was soll es bedeuten, wenn nicht das bevorstehende Ende aller Zeiten?
Heute sind Unvorstellbarkeiten seltener geworden, und deshalb kommt uns das merkwürdig vor, dass Leute mit flackerndem Blick vor der Zeitenwende warnen. Das ist aber nicht merkwürdig. Das ist ganz normal.
So wenig also ich oder die drei Herren von der 2. Kammer des Zweiten Senats von Physik verstehen – eins ist auch so klar: Hier wird niemandem etwas angetan, niemand wird verletzt und schon gar nicht umgebracht (Art. 2 II 1). Hier hat bloß jemand furchtbar Angst. Das ist nicht schön. Aber keine Grundrechtsverletzung.