19 Jahre Prozess um Schadenshöhe und immer noch kein Urteil

Gestern habe ich mich über die Tschechen lustig gemacht, die einen Beleidigungsprozess 20 Jahre lang nicht entschieden kriegen. Ich entschuldige mich dafür. Wir sind kein bisschen besser. Das Bundesverfassungsgericht hat heute einen Kammerbeschluss veröffentlicht, an dem Kafka wahrhaftig seine Freude gehabt hätte. Eine Grundstücksbesitzerin war 1986 – in Worten: neunzehnhundertsechsundachzig – von ihrer Bank aufs Kreuz gelegt worden und hatte deshalb die Zwangsversteigerung ihres Grundstücks hinnehmen müssen. Dass die Bank dafür Schadensersatz zahlen muss, das hatte das OLG Hamburg schon 1990 festgestellt – nur die Höhe des Schadens war noch offen. Seither haben unzählige Male die Berichterstatter, Gutachter und Prozessbevollmächtigten ... continue reading

Wahlrecht zwischen Pest und Cholera

Update 31.8.09: Guter Artikel zu der Problematik in der NYT. Das ist mal echt ein hard case, wie er im Buche steht: Der US Supreme Court wird, unter Mitwirkung der neuen Richterin Sonia Sotomayor, in den nächsten Wochen den Fall „Citizens United vs. Federal Election Commission“ zu entscheiden haben. Dabei geht es um die Frage, ob der Wahlausschuss, um einen fairen Wahlkampf zu gewährleisten, kurzerhand ganze Kinofilme verbieten kann. Der Film ist sicherlich kein Gipfelwerk des Lichtspielschaffens: „Hillary. The Movie“ ist, dem Trailer nach zu urteilen, ein Trumm Propaganda von der grobschlächtigsten Sorte. Den Typen, die diesen Kübel Stinkzeug angerührt ... continue reading

Sotomayor 68 zu 31 gewählt

Sonia Sotomayor kann ihr Amt beim US Supreme Court antreten, sie ist soeben mit 68 zu 31 Stimmen vom Senat bestätigt worden (SCOTUS Blog). Das Wall Street Journal hört im Senat, dass beim nächsten Mal die Republikaner schärferen Widerstand leisten dürften – wenn nämlich nicht ein zuverlässiger Liberaler wie David Souter, sondern ein Swing-Vote-Mann wie Anthony Kennedy oder gar der härteste aller Hardcore-Konservativen Antonin Scalia sein Amt niederlegt und ersetzt werden muss. Schon komisch, dass ein Supreme-Court-Richter sogar bei uns ein Nachrichtenthema ist, aber wenn einer der Verfassungsgerichtsposten (von BGH usw. ganz zu schweigen) besetzt wird, kümmert das kein Schwein…

Irgendjemand musste S. verleumdet haben…

Kafka kam aus Prag, sein „Prozess“ ist dort geschrieben. Wie Radio Prag berichtet, warten drei ehemalige Architekturstudenten aus Brno immer noch darauf, dass in ihrem Verfahren ein abschließendes Urteil gefällt wird. Sie hatten ihren Professor als „demagogisch, arrogant und karrieristisch“ beschimpft. Das war 1989, während der samtenen Revolution. Der Prof war örtlicher Funktionär der kommunistischen Partei und verklagte die drei. 20 Jahre später hat der Fall immer noch nicht aufgehört, die Gerichte zu beschäftigen. Gefunden über Volokh Conspiration

Werbeanrufe: Nie mehr wehrlos

Das neue Gesetz gegen unerlaubte Telefonwerbung ist in Kraft getreten, und damit das Gesetz auch zieht bei den freundlichen Damen und Herren Telefonverkäufern, stellt die Bundesnetzagentur ein hilfreiches Formular zur Verfügung. Das kann als Leitfaden für die Gespräche mit den Typen dienen: Einfach abfragen, eintragen und ab in den Briefumschlag. Noch einfacher wäre es, wenn man das Ding faxen könnte, aber so viel Bürokratie muss offenbar sein. Trotzdem: Ist nicht viel Arbeit und ein Dienst an der Gemeinschaft. Dank an LAWgical

Mühsame Richterwahlen in Strassburg

Das Verfahren, wie die Richter des Bundesverfassungsgerichts ins Amt kommen, ist bekanntlich undemokratisch und intransparent. Aber beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hat man mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen: Da bleibt zum Beispiel der Posten des Malteser Richters jahrelang unbesetzt, weil Malta es offenbar nicht hinbekommt, eine einzige weibliche Kandidatin für den Posten aufzutreiben. Und die Ukraine hat auch keinen Richter in Straßburg, weil die Regierung ihre Kandidatenliste einfach zurückgezogen und durch eine neue ersetzt hat – das gab es noch nie, und jetzt weiß keiner, wer die legitimen Kandidaten sind. Der EGMR soll jetzt selbst für prozedurale Klarheit sorgen, ... continue reading

Brennende Autos, und die Antipoden wundern sich

In Berlin werden gelegentlich Autos angezündet. Das ist extrem ärgerlich für die, denen die Autos gehören. Aber wir anderen regen uns da nicht groß auf. Is halt Berlin. Die Nachrichten über unsere sonderbare Stadt sind bis auf die andere Seite der Erdkugel vorgedrungen, und dort muss man sich, gelinde gesagt, schon ein bisschen wundern: In a city haunted more by its extreme right-wing past, Berlin is in the throes of a renaissance of extremist, left-wing political activism… …, mutmaßt die australische Zeitung The Age. „Mysterious“ finden die Australier die Website www.brennende-autos.de, die mittels Google Maps den aktuellen Bestand abgefackelter Autos ... continue reading

Richter-Ranking: Wer ist der Liberalste im ganzen Land?

Wie unsere Karlsruher Richter politisch so drauf sind, weiß man ungefähr – aber eben nur ungefähr. Die Richter des US-Supreme Court werden dagegen nicht nur vor ihrer Wahl aufs Allergründlichste durchgeröntgt, welcher Meinung sie in welchen politischen Grundsatzfragen zuneigen – es gibt sogar ein Ideologie-Ranking, den so genannten „Segal-Cover score„. Nominierten Kandidaten für den Supreme Court wird dabei ein „qualification score“ zwischen 0 und 1 zugeordnet – und ein „ideology score“, wobei 1.0 das maximal erreichbare Liberalitäts-Nirwana bedeutet, bisher zuletzt erreicht von Thurgood Marshall. Antonin Scalia, der Antiliberale schlechthin, kommt auf 0,0. („Liberal“ dabei natürlich im US-Sinne, also grosso modo ... continue reading

Tief in Sachsen…

… gibt es eine Splitterpartei namens SPD, die mit einem einstelligen Wahlergebnis der CDU die Mehrheit beschafft und einen Minister namens Thomas Jurk ins Kabinett entsendet, der jetzt in der Chemnitzer Freien Presse im Chat folgenden Satz losgelassen hat: Wenn wir gegen das Grundgesetz verstossen, weil wir Pädophilen unmöglich machen kinderpornografische Bilder aus dem Internet herunterzuladen, dann nehme ich das in Kauf. Ich persönlich hoffe darauf, dass wir das Problem lindern, wenn wir den Kunden von Kinderpornografie das Leben schwerer machen. Wenn deshalb irgendwo auf der Welt nur ein Kind nicht zu pornogrfischen Bildern mißbraucht wird, hat sich das gelohnt. ... continue reading