Articles for category: Sicherheitsstrategie nach der Zeitenwende: Institutionen

Verrechtlichte Kontrolle

Ich plädiere dafür, dass im stärkeren Maße als bisher auch im Hinblick auf Auslandseinsätze eine Gewaltenteilung erfolgen sollte. Zu den bisher in die Entscheidung über Auslandseinsätze primär eingebundenen Akteuren – Bundesregierung und Bundestag – sollte zur Klärung aufgeworfener verfassungsrechtlicher Fragen auch das Bundesverfassungsgericht eine klarere Zuständigkeitsgrundlage erhalten. Hierdurch kann der verfassungsrechtliche Rahmen konkretisiert und langfristig gestärkt werden.

On Finland with Love

This contribution briefly unpacks the relevancy of the East/West intersectionality Finland represents for us today. The pragmatic manner in which the Finns have dealt with Russia – in all its previous versions, white, red or “federal” – is instructive in understanding the limits of moral, economic and physical power when facing a neighboring country that will most probably never be trusted, loved or changed, by outsiders.

„Notwendig, aber nicht gut“

„Wir sind in einer anderen Welt aufgewacht“, sagte die grüne Außenministerin Annalena Baerbock wenige Stunden, nachdem Russland den Überfall auf die Ukraine begonnen hatte. Baerbock hatte sich über den russischen Präsidenten keine Illusionen gemacht. Deshalb spricht aus ihrem Satz nicht Naivität, die einige Kommentatoren ihr vorwarfen. Während des Bundestagswahlkampfs forderten nur die Grünen, die Pipeline Nord Stream 2 nicht in Betrieb zu nehmen. Die russlandfreundlichen Anwandlungen von einst, die sich vor allem aus antiamerikanischen Ressentiments speisten, hat die Partei abgelegt.

„Essential, but not perfect“

„We woke up in a different world,“ Green Foreign Minister Annalena Baerbock stated a few hours after Russia launched its invasion of Ukraine. Baerbock had no illusions about the Russian president. Hence, her words do not bespeak the naiveté some commentators accused her of. During the parliamentary election campaign, only the Greens had demanded that the North Stream 2 pipeline should not start operations. The Party has shed the pro-Russia tendencies of the past, which were primarily fed by anti-American resentment.

„An Ever-Stronger Union“ Under the Radar of the European Public

The intergovernmental political mode of EU defense policy is no longer appropriate for the level of European integration in this policy field, the development of which will significantly shape the European project in the coming years. In particular, it is necessary that the European Parliament and the national parliaments be informed of upcoming political decisions in a substantive and timely manner: They should be informed as long as the political process is still open, and their position should be a constituent part of decision-making at the EU level.

„An Ever Stronger Union“ unter dem Radar der europäischen Öffentlichkeiten

Dass das militärpolitische Integrationsgeschehen außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung und Debatte stattfindet, bedeutet letztlich für die politischen Akteure geringe Rechtfertigungslasten und größere Handlungsspielräume. Es ist also alles andere als ein Selbstläufer, dass über die Fortentwicklung der EU-Verteidigungspolitik jetzt die breite, allgemeine Meinungs- und Willensbildung stattfindet, die bislang fehlt. Dies ist jedoch dringend angezeigt, um die „hard power“, die die Union in der Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt und entfalten will, demokratisch und rechtsstaatlich einzubinden – und das ganze Unterfangen der militärischen Ermächtigung der Union überhaupt seiner Bedeutung entsprechend politisch zu behandeln.

German Arms Exports as Part of a Coherent Foreign and Security Strategy

The analysis of Germany’s strategic restraint to date is of double importance for German arms export policy. First, what has been and continues to be apparent here is a strategic reticence in the sense of a strategy deficit and, above all, a deficit in the culture of debate – both with regard to parliament and to the general public and the media. Additionally – and here lies the difference to Germany’s general military restraint – Germany, and all German governments in recent years and decades, have supplied war weapons and other armaments to all regions of the world on a very substantial scale, without such a basis for discussion, strategy or action.

Deutsche Rüstungsexporte als Teil einer kohärenten Außen- und Sicherheitsstrategie

Der Analyse der bisherigen strategischen Zurückhaltung Deutschlands kommt auch für die deutsche Rüstungsexportpolitik eine doppelte Bedeutung zu: Zu diagnostizieren war und ist auch hier einerseits eine strategische Zurückhaltung im Sinne eines Strategiedefizits und vor allem eines Defizits in der Debattenkultur – sowohl mit Blick auf das Parlament wie auch auf die allgemeine und mediale Öffentlichkeit. Andererseits – und hierin liegt ein Unterschied zu Deutschlands allgemeiner militärischer Zurückhaltung – hat Deutschland, haben sämtliche deutsche Regierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte in ganz erheblichem Umfang in alle Weltregionen Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter geliefert, ohne dass eine derartige Diskussions-, Strategie- und Handlungsbasis vorhanden gewesen wäre. Der Export von Kriegswaffen in z.T. höchst problematische Drittländer ist entgegen der abstrakten gesetzlichen Vorgaben und selbstgesetzten Grundsätze zur Regel statt zur Ausnahme geworden.

Coalitions, Activities, Strategies

The Federal Republic’s previous policy of ‘strategic restraint’ has been justified mainly - and rightly - on historical grounds; however, it also has to do with the legal parameters set by international security law and the German constitutional law on military affairs. We should take this legal framework into account when we explore the options for a fundamental reorientation of security and defence policy and a departure from ‘strategic restraint’.

Koalitionen, Aktivitäten, Strategien

Die bisherige „strategische Zurückhaltung“ der Bundesrepublik ist sicherlich maßgeblich und zu Recht historisch begründet; sie hat aber auch mit den durch das internationale Sicherheitsrecht und das Wehrverfassungsrecht gesetzten Rahmenbedingungen zu tun. Diese Rahmenbedingungen muss man einbeziehen, wenn man die Chancen für eine grundsätzlichere sicherheits- und verteidigungspolitische Neuausrichtung und eine „Abkehr“ von der „strategischen Zurückhaltung“ ausloten will.