Articles for category: Parlamentsentscheidungen in eigener Sache

Distanzschutz in der Ersten Gewalt

Es ist ein auf den ersten Blick eigenartiger Befund. Während im Bereich der Exekutive und Judikative Entscheidungen in eigener Sache Gegenstand von Ausschließungs- und Befangenheitsregelungen sind und damit als Problem normativ umfangen und im Grundsatz auch problemadäquat gelöst werden, scheinen vergleichbare Normen für die erste Gewalt zu fehlen. Die damit zusammenhängenden Probleme werden plastisch dem Fragenkreis der Entscheidung in eigener Sache zugeordnet. Allerdings ist dieser namentlich von Hans Herbert von Arnim mitgeprägte Begriff missverständnisträchtig, gefahrgeneigt und umstritten.

Gemeinwohlsicherung im Recht der Politik

Mit dem jüngsten Stakkato von verfassungsgerichtlichen Urteilen zur Politikfinanzierung und den Diskussionen um die Wahlrechtsreform ist der Topos der „Entscheidungen in eigener Sache“ wieder in den Fokus gerückt. Als juristische Kategorie sind sie durchaus ambivalent. Zugleich verweist die Formulierung von den „Entscheidungen in eigener Sache“ auf eines der zentralen Probleme im Recht der Politik: Wo strukturelle Kontrolldefizite entstehen können, sind rechtliche und institutionelle Reaktionen zur Sicherung des Gemeinwohls notwendig.

Mehr Ely im deutschen Verfassungsrecht

Parlamente entscheiden ständig in eigener Sache. Bei Themen wie dem Wahlrecht oder Abgeordnetendiäten ist dies auch kaum anders denkbar. Wer soll auch sonst entscheiden? Angesichts dessen kann der Begriff der "Entscheidungen in eigener Sache", den das Bundesverfassungsgericht als Argument für eine verschärfte gerichtliche Kontrolle einsetzt, in der Tat populistisch erscheinen: als Ausdruck des Misstrauens gegenüber denen "da oben" oder eben "in Berlin".

Die Demokratie kann sich nicht selbst aus dem Weg gehen

Die Demokratie kann sich nicht selbst aus dem Weg gehen: Sie muss sich selbst organisieren. Die Rechte, Institutionen und Verfahren, die demokratische Selbstbestimmung ermöglichen, sind nicht natürlich vorfindbar. Jemand muss sie als freiheitlich-gleichheitsgerechte Rechtsform der kollektiven Willensbildung und des kollektiven Handelns machen. Also stellt sich die Frage: wer macht sie?

Entscheidungen in eigener Sache – eine analytische Skizze

Entscheidungen in eigener Sache sind Akte der Selbstbestimmung. Zum Problem werden sie erst dann, wenn sie auch andere betreffen, wenn sie zugleich auch Entscheidungen über andere darstellen. Dies ist regelmäßig der Fall bei Entscheidungen der organisierten Staatlichkeit. Diese beanspruchen Verbindlichkeit gegenüber ihren Adressaten, sie stellen einen Gehorsamsanspruch an diese. Solche verbindlichen Entscheidungen begründen ein Legitimationsproblem.

Parlamentarische „Entscheidungen in eigener Sache“

Demokratische parlamentarische Entscheidungen beruhen in einer idealtypischen Perspektive darauf, dass das Gemeinwohl durch den deliberativen politischen Prozess herausgearbeitet und verwirklicht wird. Anders als im Bereich der Administrative und Judikative soll die Gemeinwohlorientierung hier also gerade nicht durch eine Entpolitisierung, sondern umgekehrt durch eine umfassende Politisierung erreicht werden. Aufgrund der Pluralität des Gremiums sollen sich dabei die gegenläufigen politischen Interessen ausgleichen und insgesamt zu einem gemeinwohlförderlichen Ergebnis führen. Dieses Modell der Gemeinwohlfindung im politischen Prozess kommt jedoch an seine Grenzen, wenn nicht über allgemeine gesellschaftliche Fragen, sondern spezifisch über die Bedingungen des politischen Systems selbst verhandelt wird.