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„Impfung macht frei“ als Sachkritik

Mit der Parole „Impfung macht frei“ agitierten Impfgegner*innen in den letzten Jahren gegen die Corona-Maßnahmen. Wie der in den Protesten allgegenwärtige „Ungeimpft“-Stern zieht auch die „Impfung macht frei“-Parole Parallelen zum Holocaust. Die Impfgegner*innen haben auf diese Weise ihre Situation mit der der Jüd*innen im Dritten Reich verglichen. Wie die Jüd*innen im Nationalsozialismus, seien die Impfgegner*innen von heute unfrei, ausgegrenzt und von staatlicher Politik unterdrückt. Dass diese Gleichsetzungen geschmacklos, geschichtsvergessen und grenzenlos dumm sind, liegt auf der Hand. Sind sie aber auch verboten?

Odysseus am Mast

Als Odysseus auf seiner langen Heimfahrt an der Insel der Sirenen vorbeikam, mussten er und seine Männer Mittel und Wege finden, dem verzaubernden Gesang der Sirenen zu entgehen. Odysseus ließ sich fest an den Mast seines Schiffes binden, und seine Männer stopften sich Wachs in die Ohren. Vor einem ähnlichen Problem stehen Parteien und Politiker, wenn sie Entscheidungen in eigener Sache treffen, also Entscheidungen, in denen sie selbst die Regeln des politischen Wettbewerbs und damit ihres Machterwerbs bestimmen können.

Verschleierte Freiheit der Advokatur

Aus deutscher Perspektive ist es immer wieder erstaunlich, wie weitreichend der französische Gesetzgeber oder die Verwaltung als religiös empfundene Verhaltensweisen im Alltag regulieren. Dies betrifft neben der Ernährung in Kindergärten und Schulen vor allem auch die Kleidung von Privatpersonen. Derart weitreichende Vorschriften und Debatten erscheinen aus deutscher Sicht schwer vorstellbar, trotz auch hier bekannter Diskussionen im Arbeits-, Schul- und Beamten- und Richterdienstrecht. Der vorliegende Beitrag rückt eine Entwicklung im französischen anwaltlichen Berufsrecht in den Fokus und ordnet diese vergleichend deutsch-französisch ein.

Entscheidungen in der Sache des Bundesverfassungsgerichts

Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache – gibt es das im politischen System der Bundesrepublik? Vordergründig betrachtet mit Sicherheit, denn natürlich existieren Materien, die vor allem die im Parlament vertretenen Parteien angehen und gleichzeitig von diesen entschieden werden. Faktisch aber werden diese Materien in Deutschland aber – nach dem besten Wissen dieses Verfassers ausnahmslos – vom Bundesverfassungsgericht (mit-)entschieden.

In der Falle der Loyalität

Die „Falle der Loyalität“ – so hat die Historikerin Annette Leo schon vor einigen Jahren das komplexe Verhältnis der jüdischen Kommunisten in der DDR zu ihrem Staat auf den Begriff gebracht: Man war und blieb trotz aller Kritik loyal, weil man sich nur durch eine starke kommunistische Macht geschützt fühlte, geschützt vor „dem Volk“, dessen nach 1945 erlerntem Antifaschismus man nie ganz trauen konnte. An diese einprägsame Formulierung musste ich denken, als ich am Montag letzter Woche von den offiziellen jüdischen Reaktionen auf Markus Söders Entscheidung las, Hubert Aiwanger trotz eines antisemitischen Flugblatts aus Schultagen im Amt zu belassen.

Game of Chicken

Yesterday, on September 12th, the Israeli Supreme Court, sitting en banc, heard eight petitions challenging a hotly contested constitutional amendment. The Court has rarely sat en banc in the past, and this is the first time that it sits in a composition of fifteen justices, attesting to the importance that the Court attributes to this decision. The amendment modifies Basic Law: the Judiciary, which protects judicial independence, lays out the process of judicial selection for all the state courts and grants the Supreme Court the authority to supervise state action when the Court convenes in its capacity as a High Court of Justice. In this blog, I will explain each side’s arguments and the strategic considerations behind the Attorney General’s unprecedented move to push the Court to explicitly invalidate a constitutional amendment. I will show how both sides ultimately found themselves dragged into a game of chicken from which they could not back down.

Die stabilisierende Wirkung politischen Wettbewerbs

Entscheidungen von politischen Akteuren „in eigener Sache“ werden in Öffentlichkeit und Wissenschaft zu Recht kritisch betrachtet. Führen diese nicht zwangsläufig dazu, dass politische Partien eigene Interessen verfolgen und damit Gemeinwohlüberlegungen auf der Strecke bleiben? Diese Frage stellt sich besonders bei Themen wie der Parteienfinanzierung, in denen Parteien gemeinsame Interessen haben und diese im Sinne einer Kartelllogik auf Kosten der Gesamtgesellschaft durchsetzen können. Ohne die Relevanz dieser Problematik abzustreiten, argumentiert dieser Beitrag, dass Entscheidungen in eigener Sache weniger problematisch sein können, wenn sie dem politischen Wettbewerb unterworfen sind.

Schwach, aber rechtmäßig

Die Bundesregierung plant eine Änderung des Klimaschutzgesetzes (KSG), in der es vor allem auch um eine Modifikation der bisherigen Regelungen zu den Sektorenzielen geht. Die vorgesehene Änderung hat erhebliche Kritik ausgelöst. Der Aufruf „Für eine völker- und verfassungsrechtskonforme Klimaschutzpolitik“ vom 31.8.2023 fordert die gesetzgebenden Organe des Bundes auf, die Klimaziele nicht abzuschwächen, und nimmt dabei wie viele andere Stellungnahmen auch auf den Klimabeschluss des BVerfG von 2021 Bezug. Dass die politische Kritik an einer Abschwächung des Klimaschutzgesetzes verfassungsrechtlich mit dem Klimabeschluss des BVerfG abgestützt werden kann, ist allerdings keineswegs so eindeutig, wie es in zahlreichen aktuellen Stellungnahmen zu dem Thema aufscheint. Denn auch nach dem Klimabeschluss sind gewisse Modifikationen und Abschwächungen der Einzelregelungen des Klimakonzepts durchaus zulässig.

Justice-on-Demand at the Indonesian Constitutional Court?

Indonesia will have the world’s biggest one-day election in 2024. More than 200 million voters will go to the ballots to choose the next president and legislative members on 14 February, opening a fresh chapter for the nation’s leadership after a decade of President Joko Widodo’s rule. In recent weeks, the Constitutional Court has been flooded with back-to-back filings for judicial review of Indonesia’s General Election Law. Against the backdrop of Indonesia’s declining levels of trust in public institution, the Court’s rulings might not only change the rules of Indonesia’s electoral game but also threaten to further impair its own independence and integrity.

Sex Workers in Strassburg

A few years ago, France banned buying sex. In M.A. and Others v. France the European Court on Human Rights (ECtHR) now held that a motion of sex workers against that ban is admissible. The Court did not rule on the merits at this stage – this will follow in a subsequent judgement. Nevertheless, this admissibility decision marks a milestone as, for the first time, the Court will examine whether a sex purchase ban violates the rights of sex workers as guaranteed in the European Convention on Human Rights. The ruling appears eagerly anticipated due to its legal precedent within Member States that have passed similar legislation.