Articles for category: Europa

Vertragsänderung statt effektiver Unterwanderung

Ist nicht jeder Rechtssatz, jedes Gesetz, ist nicht jeder Vertrag eine lex imperfecta? In einem organisierten politischen Gemeinwesen, wir nennen seine Hauptform Staat, beruht Recht auf Kompromissen. Eine freiheitliche Ordnung – und nur als solche ist politische Herrschaft für uns heute hinnehmbar – schöpft das Recht aus einer Mehrheitsentscheidung. Selbst der Verfassung müssen regelmäßig nicht alle Bürger zustimmen, damit sie in Kraft treten kann und dennoch werden alle weiteren Entscheidungen für Jedermann in ihrem Geltungsbereich verbindlich. Nun sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht ihre Bürger. Sie sind Staaten und sie bestehen weiter auf der klassischen Regel, sich nicht ohne ... continue reading

Unterwanderung des Defizitverfahrens ist verboten, Effektivierung nicht

Es gehört zu den angeborenen Instinkten von Europapolitikern und Europarechtlern, auf ihrem Tätigkeitsfeld völkerrechtliche Abkommen als Fremdkörper und als Gefahr zu betrachten. Mit der rechtlichen Autonomie der EU und dem institutionellen Selbststand der Brüsseler Entscheidungsverfahren sind derartige Abkommen schwer zu vereinbaren: Sie drohen, das Kräfteverhältnis von Kommission, Parlament und Rat zu unterlaufen und die Wirkung der hier ergriffenen Maßnahmen zu beeinträchtigen. Aus der Brüsseler Binnenperspektive ist man denn auch geneigt, das EU-Regime als „geschlossenes Regime“ anzusehen, das ein zwischenstaatliches Handeln überhaupt nicht zulässt. Der Natur der EU als eines auf begrenzten Feldern tätigen, weiter von souveränen Staaten getragenen Verbands wird ... continue reading

Ein Bypass, kein Herzinfarkt

In den ersten Reaktionen auf das britische Veto des „Fiskalpakts“ war viel von einer „Spaltung“ Europas die Rede. Hinweise auf die rechtlichen Fallstricke eines völkerrechtlichen Ergänzungsvertrags werden ergänzt um Spekulationen über eine Neugründung der EU ohne das Vereinigte Königreich. Ein Blick in das Kleingedruckte des Fiskalpakts zeigt jedoch, dass die rechtlich-institutionelle Revolution ausbleibt. Die Währungsunion mag volkswirtschaftlich im Bestand bedroht sein und auch politisch eine Neuauflage des britischen Widerstandsgeists in den frühen 1990er-Jahren erleben (als die Ratifikation des Maastricht-Vertrags beinahe an einer Revolte der britischen Konservativen scheiterte). Rechtlich verbindet sich der Fiskalpakt jedoch überraschend harmonisch mit dem geltenden Vertragsrecht. Dies ... continue reading

Our new „Fiscal Union“: What Is It All About?

Last week’s EU summit has sent a shock wave through the political world in Europe: Not only seemed the idea of a split in the Union, with UK turning it’s back to the rest of Europe, suddenly to become a reality. But also the much-trumpeted „fiscal union“ among the 17 Euro members plus up to nine of the rest raised a lot of anxious questions: What will the legal quality of that new thing be? How will it relate to the existing Union? Will the European Commission and the European Parliament have a say in it? What are we to ... continue reading

Die rechtlichen Haken der Fiskalunion

Bislang hatte bei der Euro-Rettung die Politik weitestgehend das Heft des Handelns in der Hand. Die Juristen standen am Rande und sahen zu. Doch jetzt, da der Beschluss steht, aus der Euro-Zone eine Fiskalunion als neues europarechtliches Gebilde zu schmieden – innerhalb der bestehenden Verträge oder außerhalb der Architektur der EU, da schlägt die Stunde der Rechtsexperten: Wie wird das umgesetzt? Erlaubt das Grundgesetz das überhaupt? Und das Europarecht? Das sind Fragen, die Juristen beantworten müssen. So viel  kann man bei aller Vorsicht angesichts der vielen Ungewissheiten sagen: Die Antworten verheißen der neuen Fiskalunion alles andere als einen reibungslosen Start. ... continue reading

Letting the British go

We had this coming for a long time. At times, many of us even wished for it to arrive already, the day of finally waving them goodbye, if only to be done with it. Such a nuisance they were, always droning on about sovereignty and how special they were and squeezing the rest of us for concessions only to opt out in the last moment anyway. And yet, now as it’s there, I can’t help it: I am kind of sad to see us Europeans part ways with the British. And it looks as if they, now finding themselves all ... continue reading

The Dual Character of Supra-Nationalism and the Euro Crisis

By CORMAC MAC AMHLAIGH Thirty years ago, Joseph Weiler wrote of the ‘dual character’ of the then EEC as legally supranational but politically intergovernmental.  Whereas the motor of integration took the form of the formulation, implementation, execution and adjudication of supranational law primarily by EU institutions, and particularly European Court of Justice, EU politics lagged behind, confined to intergovernmental bargaining and negotiation more redolent of classic international relations. The relationship between supranational law and politics was inverted, in that the success of the former was causally linked to the weaknesses of the latter. Watching ‘Merkozy’ on the steps of the ... continue reading

Grenzen des Wachstums parlamentarischer Beteiligung?

Von FRANZ C. MAYER Am Dienstag, dem 29. November 2011 fand in Karlsruhe die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Sachen Neuner-Gremium statt. Ich hatte Gelegenheit, mit einer Studentengruppe (Seminar) an der Verhandlung teilzunehmen. Max Steinbeis hat mich gebeten, meine persönlichen Eindrücke aufzuschreiben und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, was ich hiermit gerne tue. Die folgende Darstellung ist entsprechend kein Wortlautprotokoll, sondern enthält meine Wertungen und Schwerpunktsetzungen. Andere werden Anderes an der Verhandlung berichtenswert finden. Vorgeschichte Nachdem die Hilfsmaßnahmen für Griechenland noch als koordinierte bilaterale Hilfen organisiert worden waren, wurde mit der Gründung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), einer ... continue reading

Man kann Rührei nicht wieder trennen

Ist die Euro-Krise die Chance, endlich ein demokratisches Europa zu gründen? Oder ist sie vielmehr der Beweis, dass es höchste Zeit ist, umzukehren und sich auf das nationale Eigene zurückzubesinnen? Zwei Schwergewichte unter den Exponenten dieser beiden Sichtweisen trafen letzte Woche in Berlin bei einer Tagung zum Thema „Grenzen der europäischen Integration“aufeinander, zu der der Gesprächskreis Recht und Politik um Franz Mayer (Bielefeld), Claudio Franzius (Hamburg) und Jürgen Neyer (Frankfurt/Oder) sowie die Friedrich-Ebert-Stiftung geladen hatten. Während der Sozialphilosoph Jürgen Habermas (Starnberg) für die Stunde der europäischen Verfassungsgebung focht, nahm  Fritz Scharpf (Köln), der emeritierte Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, den ... continue reading

The Eurozone Crisis Is Also a Governance Crisis – Isn’t It?

by Kenneth Anderson Over the last few months, as the eurozone crisis has gathered steam, I have wondered what the crisis means for the governance structures of the EU.  One answer is, not much — the political leadership will somehow muddle through as it always does, on the basis of discretionary deals among the national leaders of European states.  Then the institutional arrangements will be adjusted after the fact to reflect whatever happened in the politics of the event. In that case law, in the sense of legally binding governance arrangements, is epiphenomenal on political contingency which, in this case, is ... continue reading