Articles for category: Österreich

Tertium datur – causa finita? Zum Dritten Geschlecht in Österreich

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Oktober 2017 hat nun auch der österreichische Verfassungsgerichtshof erkannt, dass intergeschlechtliche Menschen das Recht auf eine adäquate, ihrer Geschlechtsidentität entsprechende Bezeichnung im Personenstandsregister haben. Dafür bedarf es keiner Aufhebung bestehender gesetzlicher Bestimmungen: Das Ergebnis kann (und muss) vielmehr durch verfassungskonforme Auslegung des einfachen Rechts erreicht werden.

Dublin ist kein Fünf-Minuten-Verfahren – Zu Zurückweisungen an der Grenze

In der öffentlichen Debatte darum, ob Zurückweisungen von Asylsuchenden an der deutschen Grenze rechtlich möglich sind, verschwimmt zurzeit die Unterscheidung zwischen Binnen- und Außengrenzen. Der wichtigste Unterschied ist aber, dass es an einer Außengrenze Zurückweisungen geben kann, während dies an Binnengrenzen wie der deutschen generell verboten ist. An der Binnengrenze muss ein Dublin-Verfahren mit dem zuständigen Staat durchgeführt werden, wenn die Zuständigkeit nicht mittels Selbsteintritt übernommen wird. Warum Dublin ein solches Verfahren nicht im Schnelldurchgang erlaubt, zeigt dieser Beitrag auf.

Leges fugitivae: Wie Recht verschwindet

In Österreich vollzieht sich leise und beinahe unbemerkt die größte „Rechtsbereinigung“ seiner Geschichte. Alle Gesetze, die vor dem 1. Jänner 2000 verabschiedet wurden und weiterhin in Geltung bleiben sollen, werden im Anhang des Entwurfs zum Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetz aufgelistet. Diese Liste umfasst 224 Seiten. Was nicht in diesem Katalog aufgenommen wird, soll seine Geltung verlieren. Mit Ordnungsliebe allein lässt sich dieses Projekt kaum erklären.

Der österreichische Verfassungs­gerichts­hof und die Mindest­sicherung

Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat Teile des Niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetzes (NÖ MSG) für verfassungswidrig erklärt, weil sie gegen den Gleichheitssatz verstoßen bzw. aufgrund unsachlicher Kriterien wie etwa nach der Aufenthaltsdauer im österreichischen Staatsgebiet differenzieren. Kaum ein Thema wird in der Alpenrepublik derzeit derart heftig diskutiert, geht es doch um nichts weniger als das „dritte oder letzte Netz der sozialen Sicherheit“ in Österreich. Kernpunkte der Diskussion beziehen sich dabei auf die Frage, in welcher Höhe Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte und im allgemeinen anspruchsberechtigte Fremde Mindestsicherungsleistungen erhalten sollen.

Schuld und Sühne und „Volksempfinden“: Die österreichische Strafrechtsreform

Umfangreiche Justizreformen hat die im Dezember angelobte neue ÖVP/FPÖ-Bundesregierung in Österreich ausgerufen. Anfangen will sie mit dem prestigeträchtigsten, weil polarisierendsten Rechtsgebiet: dem Strafrecht. Die Reform kommt mit plakativen Versprechungen von Strafverschärfungen daher – was vielerorts auf Verwunderung und Kritik angesichts der Tatsache stößt, dass es erst jüngst, nämlich 2016, eine groß angelegte Strafrechtsreform mit maßgeblichen Strafverschärfungen gegeben hat. Nicht nur der Inhalt, sondern vor allem die Entstehungsweise der jetzigen Reformpläne geben Anlass, diese einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.

Doppelpass in Südtirol?

In ihrem Regierungsabkommen nehmen die ÖVP und die FPÖ in Aussicht, „den Angehörigen der Volksgruppen deutscher und ladinischer Muttersprache in Südtirol (...) die Möglichkeit einzuräumen, zusätzlich zur italienischen Staatsbürgerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben”. Es ist unwahrscheinlich, dass es je zum Doppelpass kommen wird. Zu zahlreich, zu verzwickt sind die rechtlichen Schwierigkeiten. Dabei ist Italiens eigene Staatsbürgerschaft-Politik selbst alles andere als fehlerfrei.

Tu, felix Austria, nube! Ehe für alle – jetzt auch in Österreich

Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass die Unterscheidung zwischen der Ehe als Rechtsinstitut für verschiedengeschlechtliche Paare und der eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare gegen das Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes der österreichischen Bundesverfassung verstößt. Als erstes Verfassungsgericht Europas hat der VfGH daher die unterschiedlichen Regelungen für verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare aufgehoben.

Tertium NON datur: Zweigeschlechtlich­keit als „Prinzip der österreichischen Gesamtrechts­ordnung“?

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts über die Anerkennung eines „dritten Geschlechts“ wurde in Österreich mit Spannung erwartet. Denn auch der österreichische Verfassungsgerichtshof wird demnächst einen ähnlich gelagerten Fall zu entscheiden haben: Mit Alex Jürgen hat erstmalig ein intergeschlechtlicher Mensch in Österreich beantragt, dass sein Geschlechtseintrag auf „inter“, „anders“, „X“ oder unbestimmt geändert oder aber der Eintrag gänzlich gestrichen wird.