Articles for category: Deutschland

Der Ausschluss von AfD-Bürgermeisterkandidaten vor der Wahl

Im August dieses Jahres wurden in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zwei AfD-Bürgermeisterkandidaten nicht zur Wahl zugelassen. Die Wahlausschüsse begründeten ihre Entscheidungen mit Zweifeln an der Verfassungstreue der jeweiligen Kandidaten. Beide Ausschlüsse wurden im Nachgang gerichtlich bestätigt. Die Gerichtsentscheidungen sind im Ergebnis zwar gut nachvollziehbar. Sie verdeutlichen jedoch, wie demokratisch sensibel das Thema ist.

Wählen heißt Auswählen – aber zwischen Parteien

Matthias Friehe bringt mit seinem Beitrag semantische Klarheit in den von politischer Rhetorik vernebelten Wahlrechtsdiskurs. Er erinnert daran, dass Wählen „Auswählen“ bedeutet: „Jede Wahl setzt voraus, dass die Wähler eine Auswahl treffen können. Dafür ist wiederum erforderlich, dass klare Alternativen bestehen: dies oder das.“ So weit ist ihm ausdrücklich zuzustimmen. Dann aber macht er einen Gegensatz auf, der hinter den bereits erreichten Stand des Wahlrechtsdiskurses zurückfällt.

Wählen heißt Auswählen

Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2008 kommt das Wahlrecht nicht zur Ruhe. Auch Union und SPD haben sich im aktuellen Koalitionsvertrag auf eine erneute Änderung des Bundestagswahlrechts verständigt. Wenn eine solche Reform konsequent darauf ausgerichtet sein soll, den Wählern klare Auswahlalternativen zu eröffnen, bietet ein modifiziertes Grabenwahlrecht eine überzeugende Alternative zur personalisierten Verhältniswahl.

Das dosierte Menschenrecht

Die Bundesregierung plant erneut, die bereits enorm prekäre Gesundheitsversorgung Geflüchteter weiter zu verschärfen. So stellt sie sich weiter in schroffen Gegensatz zur umfassenden Gewährleistung des Rechts auf Gesundheit. Seit dem 8. September prüft nun der UN-Fachausschuss den jüngsten Staatenbericht Deutschlands zur Umsetzung des UN-Sozialpakts. Mehrere NGOs weisen gemeinsam auf eine lange „List of Issues“ systemischer Defizite hin, die zeigen: Deutschland verstößt mit der Vorenthaltung von Gesundheitsleistungen für Geflüchtete gegen seine grund- und menschenrechtlichen Verpflichtungen.

Der Ruf nach Strafe

Die SPD fordert die Strafbarkeit von Catcalling – ein symbolischer Akt, der an die „Lust am Strafen“ anknüpft, aber verfassungsrechtlich kaum haltbar und praktisch wirkungslos ist. Zwischen Bestimmtheitsgebot und Ultima Ratio bleibt kein Raum für einen sinnvollen Tatbestand, sodass das Strafrecht hier nur als politische Geste dient. Der Diskurs verschiebt sich damit von Prävention und Strukturreformen hin zu „Hyperpolitik“, die moralisch mobilisiert, aber repressive und rassistische Dynamiken verstärkt.

Existenzminimum im Schatten nationaler Migrationspolitik

Auch in der Sommerpause blieben die deutsche Flüchtlingsaufnahme und der Sozialleistungsbezug von Geflüchteten Thema. Im Asylsozialrecht folgt eine Reform der nächsten – ein ewiger Herbst der Reformen. Dies führt zu einer Spannung zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimum und dem Drang zu politischem Aktionismus in der Thematik. Diese grundlegende Spannung hat sich, so die These des Beitrags, mittlerweile derart verhärtet, dass sie auch mit Blick auf die rechtliche Systematik dysfunktionale Folgen verursacht.

Wenig Freiheit, wenig Schutz

Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems tritt im Sommer 2026 in Kraft. Nun hat sich die Regierung auf einen Gesetzentwurf für ein GEAS-Anpassungsgesetz geeinigt. Weil viele der europäischen Regelungen menschenrechtliche Risiken bergen, ist es besonders wichtig, dass die Umsetzung in deutsches Recht die Menschenrechte von Schutzsuchenden möglichst breit zur Geltung bringt. Doch stattdessen schränkt der Entwurf sogar Menschenrechte mit Regelungen ein, die die GEAS-Reform nicht vorsieht.

Reproduktive Ungerechtigkeit

Reproduktive Rechte befinden sich weltweit in einer Krise. Der aktuelle Weltbevölkerungsbericht der Vereinten Nationen zeigt, dass Familienplanung und Fortpflanzung unter erheblichem (bevölkerungs-)politischen Druck stehen, auch in Deutschland. Schwarze Aktivistinnen fordern seit langem, diese Entwicklung nicht nur als Einschränkung persönlicher Freiheit zu sehen, sondern die strukturellen Ursachen als Teil der reproduktiven Gerechtigkeit („Reproductive Justice“) zu betrachten. Das erfordert ein Umdenken.

Regelungslosigkeit als Prinzip

Die Vergesellschaftung von Grund und Boden ist eines der umstrittensten Instrumente des Grundgesetzes. Im Zuge der Debatten um eine Neuausrichtung des Berliner Wohnungsmarkts hat die dortige SPD-Fraktion nun einen Entwurf für ein sog. Vergesellschaftungsrahmengesetz erarbeitet. Ein Blick in den Entwurf lässt erahnen: Hier entsteht ein regelungsloses Gesetz, welches die Verfassung lediglich nachbilden soll, ihren Sinn aber verkennt. Denn der Entwurf definiert auch solche Eigentumsregulierungen, die bislang als bloße Inhalts- und Schrankenbestimmungen galten, als eine Vergesellschaftung – und macht sie damit entschädigungspflichtig.