Articles for category: Deutschland

Entparlamentarisierung ins Extrem getrieben

Wir haben alle im Sozialkundeunterricht gelernt, dass das Grundgesetz nach Legislative, Exekutive und Judikative unterscheidet. Legislative, das ist das Parlament, die Volksvertretung, der Bundestag. Wir wissen aber auch alle, dass der Bundestag nur höchst selten Gesetze macht. Vier von fünf Gesetzentwürfen werden in den Ministerien geschrieben. Der Bundestag diskutiert, verändert hier und da eine Kleinigkeit, stellt Öffentlichkeit her – aber entscheiden, das tut er nicht. Die neue japanische Regierungspartei DPJ will diesen Trend, das Parlament aus der Gesetzgebung herauszudrängen, jetzt ins Extrem treiben: Die Mitglieder der Regierungsfraktion dürfen keine eigenen Gesetzesvorschläge mehr einbringen, sondern müssen stattdessen den Weg über ihre ... continue reading

US-Repräsentantenhaus: Von wegen one man, one vote

Das BVerfG hat im Lissabon-Urteil – wir erinnern uns – dem Europäischen Parlament den Bescheid ausgestellt, gar kein richtiges Parlament zu sein: weil in Malta viel weniger Wähler nötig sind, um einen Abgeordneten nach Brüssel zu schicken, als in Deutschland. Was gegen „one man, one vote“ verstoße. Derartig ausgeprägte Ungleichgewichte werden in föderalen Staaten regelmäßig nur für die zweite Kammer neben dem Parlament – in Deutschland und Österreich entspricht dieser zweiten Kammer der Bundesrat, in Australien, Belgien und den Vereinigten Staaten von Amerika der Senat – toleriert. Sie werden aber nicht in der Volksvertretung selbst hingenommen, weil diese sonst das Volk nicht ... continue reading

Keine Todesstrafe mehr in Japan?

Das sind doch mal uneingeschränkt gute Nachrichten: Japans neue Justizministerin wird Keiko Chiba, eine ausgesprochene Gegnerin der Todesstrafe. In Japan muss der Justizminister jedes Todesurteil gegenzeichnen. Daher gibt es gute Hoffnung, dass die 102 japanischen Todeskandidaten so schnell nicht hingerichtet werden.

“terms that look principled”

Eine angenehm illusionslose Beschreibung der Funktion und Legitimation der Verfassungsgerichtsbarkeit, gefunden in einem Aufsatz des Stanford-Professors Richard T. Ford in dem demnächst erscheinenden Sammelband „The Constitution in 2020“, online zu finden hier: The federal courts are a political branch of government, one of the purposes of which is to occasionally temper the excesses of representative overnment and even more occasionally to jump-start needed but stalled political reform. The purpose of judicial review is to allow welleducated and (hopefully) civic-minded elites who are relatively insulated from short-term politics to overrule the popular branches on occasion.Provided the elites are good enough at ... continue reading

Gesetzesdurchfall

Eine skandalöse Rechtsnorm ins Bundesgesetzblatt schmuggeln, ohne dass es irgendjemand merkt? Das geht, und zwar ziemlich einfach. Der Kollege vom Journal d’un avocat hat einen Fall aus Frankreich aufgedeckt, der einen frösteln macht. Es geht um die Strafbarkeit juristischer Personen. Die gibt es in Frankreich, anders als bei uns. Oder besser, die gab es. Denn jetzt ist sie enteiert worden. Man hat die Sanktion der Auflösung der juristischen Person aus dem Strafgesetzbuch gestrichen – aber das auf dermaßen blickdicht verpackte Weise, dass ganz bestimmt kein Abgeordneter verstanden hat, wofür er da bei der Abstimmung den Finger hebt. Von der Öffentlichkeit ... continue reading

Bushs Folter-Juristen: Was tun mit ihnen?

Was soll man tun mit Juristen wie John Yoo, jetzt Rechtsprofessor in Berkeley, die der Bush-Regierung das rechtliche Argumentationsfundament für Folter und Unmenschlichkeit gezimmert haben? Jens David Ohlin untersucht in einem sehr lesenswerten Aufsatz für das Harvard International Law Journal, wie tragfähig die strafrechtstheoretischen Argumente gegen eine Bestrafung der Folter-Juristen sind. Unter anderem führt Ohlin die Nürnberger Prozesse gegen NS-Juristen als Präzendenzfall heran, insbesondere den Prozess gegen den Staatssekretär im Auswärtigen Amt Ernst von Weizsäcker (Vater von Ex-Bundespräsident Richard v. W., der damals als Strafverteidiger seines Vaters auftrat).

Warum ich mir das “TV-Duell” nicht angesehen habe

Die Art, wie die Medien an diesem mausetoten Wahlkampf rütteln und schütteln, hat schon fast etwas von Leichenschändung. Verzweifelt versuchen sie, den Leuten vorzuspiegeln, es gebe hier noch so etwas wie Polarisierung, „der oder ich“, Weichenstellung und identitätsstiftende Freund-Feind-Schemata. Glaubt doch eh keiner. Lasst es doch einfach. Macht euch doch mal locker.

Twitter als Embargobrecher?

 Wann verstoßen Social Networks gegen Embargovorschriften? Immerhin sind Twitter und Facebook dazu da, die Welt zu vernetzen – im Fall von Iran sehr zum Nutzen der Demokratie. Da kann es zum Clash kommen mit dem politischen Ziel, bestimmte fiese Regimes zu isolieren. Das Center for Strategic and International Studies (CSIS) hat dem Thema einen Kongress gewidmet: Hat Tip to German American Law Journal

US Supreme Court scheint Wahlkampffinanzierung liberalisieren zu wollen

Darf man der Wirtschaft verbieten, mit viel Geld den Ausgang von Wahlen beeinflussen zu wollen? Die Anhörung vor dem Supreme Court im Fall „Citizens United vs. FEC“ ist durch. Und glaubt man Lyle Denniston vom SCOTUS Blog, dann sieht es ganz so aus, als wollte die Richtermehrheit das Verbot kippen. Mehr dazu hier und hier. Interessante Betrachtungen mit interessanter Diskussion zu der Frage, warum das Thema liberals und conservatives so sauber auseinanderdividiert, bei VC von Orin Kerr.