Articles for category: Schweiz

Zugang zum Gericht für Folteropfer: Scheut Straßburg die Konsequenzen?

Können Folteropfer in einem Konventionsstaat eine zivilrechtliche Entschädigungsklage gegen einen Drittstaat einreichen, ohne dass der Fall einen direkten Zusammenhang mit dem betroffenen Konventionsstaat hat? Die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) hat dies im Urteil Naït-Liman gegen die Schweiz vom 15. März 2018 verneint und damit einen Kammerentscheid aus dem Jahr 2016 bestätigt. Zum heutigen Zeitpunkt könne aus Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention keine Verpflichtung abgeleitet werden, die Zuständigkeit für Entschädigungsklagen von Folteropfern gegen Drittstaaten zu bejahen.

Konzernmacht und Verantwortung für Menschenrechte und Umwelt: Neue Wege in der Schweiz

In der Schweiz könnten Unternehmen schon bald durch die Verfassung in die Pflicht genommen werden, weltweit für Menschenrechte und Umwelt Verantwortung zu übernehmen. Das ist das Ziel einer Volksinitiative mit dem Titel „Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt“, die die schweizerische Bundesverfassung um eine neue Verfassungsbestimmung zur „Verantwortung von Unternehmen” ergänzen soll.

Völkerrecht und Verfassungsrecht: Wie eine Volksinitiative in der Schweiz herbeiführte, was sie abzuschaffen vorgibt

Eine neue Volksinitiative in der Schweiz – sie nennt sich “Selbstbestimmungsinitiative” – will das Verfassungsrecht über das Völkerrecht stellen (mit Ausnahme des zwingenden Völkerrechts). Sie verlangt, vereinfacht gesagt, für den Fall von Normkonflikten, dass Verträge, die nicht dem Referendum unterstanden, verletzt werden müssen, die anderen gekündigt. Während die Initiative, deren Abstimmung für das kommende Jahr erwartet wird, auf großen Widerstand stoßen wird, kann sie bereits jetzt für sich die ironische Vorwirkung in Anspruch nehmen, dass sie herbeigeführt hat, was sie abzuschaffen vorgibt.

Der Burkini als Technological Fix

Während in ersten öffentlichen Bädern in Deutschland und der Schweiz Burkinis verboten worden sind, befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 10. Januar 2017, dass der Burkini ein Mittel sein kann, die Teilnahme muslimischer Kinder am koedukativen Schwimmunterricht zu ermöglichen. Der schonende Interessenausgleich, der so erreicht werden konnte, war nur durch diesen Schwimmanzug, der den Charakter eines technischen Konfliktlösungsmittels annimmt, denkbar. Solche technological fixes, die praktische Konkordanz zulassen, stehen auch in anderen Fällen zur Verfügung.

Über Antisemiten, und wen man als solchen bezeichnen darf

Kann ein Israelkritiker einer jüdischen Organisation, die ihn des Antisemitismus beschuldigt, diesen Vorwurf kurzerhand gerichtlich verbieten lassen? Das kann er, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, wenn es für diesen Vorwurf keine hinreichende Faktengrundlage gibt. Grund genug, sich Gedanken zu machen, was es mit dieser Art, von der Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen, auf sich hat.

Keine Diktatur der Volksherrschaft! Warum Volksrechte und Menschenrechte nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten

Vor einigen Tagen hat Astrid Epiney im Rahmen dieses Symposiums einen Beitrag zur in der Schweiz laufenden Debatte über das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht publiziert. Zwar ist diese Diskussion in der Schweiz nicht neu und macht seit einigen Jahren auch international Schlagzeilen (Stichwort völkerrechtlich problematische Volksinitiativen wie Minarettverbotsinitiative oder Ausschaffungsinitiative), sie hat aber jüngst ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: Die Schweizerische Volkspartei (SVP), Urheberin der eben zitierten Initiativen, hat die Lancierung einer Volksinitiative mit dem einprägsamen Titel „Schweizer Recht geht fremdem Recht vor“ in Aussicht gestellt.

Zum Verhältnis von Völkerrecht und innerstaatlichem Recht in der Schweiz: status quo und aktuelle Diskussionslinien

In der Schweiz wird in jüngerer Zeit das Verhältnis von Völkerrecht und innerstaatlichem Recht nicht nur in der juristischen Fachliteratur, sondern auch in der Öffentlichkeit, insbesondere in den Printmedien, diskutiert. Hintergrund hierfür dürften einerseits die sich im Anschluss an eine Reihe von völkerrechtlich problematischen Volksinitiativen ergebenden Probleme und andererseits ein neueres Urteil des Bundesgerichts sein, welches vom grundsätzlichen Vorrang von Völkerrecht auch vor der Verfassung ausgeht. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach dem Verhältnis der EMRK zum nationalen Recht, aber auch diejenige nach den Bindungswirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Aber auch in anderen Bereichen besteht mitunter ... continue reading