Articles for category: Thüringen

In dubio pro Richterernennung

Mit ihrer Sperrminorität blockiert die Thüringer AfD-Fraktion die Neubesetzung des Richterwahlausschusses. Aber existiert ihr Druckmittel überhaupt? Muss der Richterwahlausschuss tatsächlich erst neu besetzt oder eine Übergangsregelung geschaffen werden, bevor neue Richter:innen ernannt werden können? Die Vorschriften des DRiG eröffnen einen Ausweg.

Bis die Bergwacht kommt

Am Freitag, den 04.04.2025, ist im Thüringer Landtag einmal mehr die „Wahl der vom Landtag zu berufenden Mitglieder des Richterwahlausschusses“ gescheitert. Ohne den Ausschuss können in Thüringen Richter und Richterinnen auf Probe nicht auf Lebenszeit ernannt werden. Und ohne Lebenszeitrichter und -richterinnen droht der Thüringer Justiz – verschärft durch die anstehende Pensionierungswelle – die Funktionsunfähigkeit. Sollte die AfD-Blockade dauerhaft anhalten, muss ein anderer Weg gefunden werden. Eine verfassungsrechtliche Gratwanderung – denn alle denkbaren Lösungen stehen quer zum Wortlaut des Art. 89 Abs. 2 der Thüringer Verfassung.

Dämmert’s jetzt?

Die konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags ist bis Samstag, 9:30 Uhr, unterbrochen. Die AfD hat auf der parlamentarischen Bühne mit ihrem Alterspräsidenten Jürgen Treutler ein Stück aufgeführt, das offenbart, welches Verständnis sie von demokratischen Institutionen hat. Die anderen Fraktionen haben geschlossen dagegengehalten. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass sich dieses Stück am Samstag fortsetzt. Was ist passiert?

Demokratische Diskontinuität

Im Vorfeld der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags am kommenden Donnerstag wird diskutiert, ob der Landtag, bevor er zur Wahl des Landtagspräsidenten bzw. der Landtagspräsidentin schreitet, die in der Geschäftsordnung niedergelegten Regeln dieser Wahl ändern kann. Schon länger wird befürchtet, dass die AfD diese Wahl zur Obstruktion nutzen könnte. CDU und BSW haben nun einen entsprechenden Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung eingebracht. Die Diskussion darüber, ob der Landtag vor der Präsidentenwahl die Geschäftsordnung überhaupt ändern kann, beruht allerdings auf einer falschen Prämisse.

Sperrminorität kommt vor dem Fall

Hat man im letzten Jahrzehnt die Rechtsstaatlichkeitsdebatte in Europa Ebene, so blieb einem neben den erschütternden Entwicklungen in Ungarn und Polen auch eines in Erinnerung: deutsche Überheblichkeit. Das, was da im Osten Europas vor sich ging, das könne hier nicht passieren. Zu sicher seien unsere rechtsstaatlichen Institutionen, zu etabliert das System. Nun wird in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gewählt.

Alltagsnorm und Kampfansage

Das könnte ein wichtiges Thema sein, meldet sich die eigene Erinnerung an die 1990er-Jahre-Jugend in einer ostdeutschen Kleinstadt. Während die Verfahren und Institutionen der jungen Demokratie Wurzeln schlugen, gab es einen Alltag, in dem der politische Kompass auf Schulhöfen, in Jugendclubs oder an der Tankstelle mit Fäusten justiert wurde – entlang der Frage: „Bist du rechts, links, neutral?“ Sich raushalten, Stress vermeiden, neutral sein, das wuchs als Tugend und wurzelte mit und neben den sich etablierenden politischen Verhältnissen.

Datenschutz gegen digitalen Autoritarismus

Die Datenmacht des Staates stellt für Bürger*innen und ihre Rechte im heutigen Zeitalter eine zentrale Gefahr dar. Unabhängige Datenschutzbehörden sollen Missbräuche dieser Datenmacht verhindern. Autoritäre Kräfte, die nach den anstehenden Landtagswahlen auch in deutschen Landesregierungen beteiligt sein könnten, könnten allerdings versuchen, diese Kontrolle zu neutralisieren.