Articles for category: BVerfG

Existenzminimum im Schatten nationaler Migrationspolitik

Auch in der Sommerpause blieben die deutsche Flüchtlingsaufnahme und der Sozialleistungsbezug von Geflüchteten Thema. Im Asylsozialrecht folgt eine Reform der nächsten – ein ewiger Herbst der Reformen. Dies führt zu einer Spannung zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimum und dem Drang zu politischem Aktionismus in der Thematik. Diese grundlegende Spannung hat sich, so die These des Beitrags, mittlerweile derart verhärtet, dass sie auch mit Blick auf die rechtliche Systematik dysfunktionale Folgen verursacht.

Keine Sache der Exekutive

Mit Urteil vom 15. Juli 2025 hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerde der Neffen eines jemenitischen Geistlichen, der im August 2012 durch einen US-amerikanischen Drohneneinsatz getötet wurde, verworfen. Das Gericht erkennt mit diesem Urteil zum ersten Mal die Möglichkeit einer Schutzpflicht auch in einer reinen Auslandskonstellation an – selbst, wenn die Gefahr von einem anderen Staat ausgeht. Hier soll ein Blick darauf geworfen werden, inwieweit Gerichte exekutive Völkerrechtsauffassungen einer umfassenden Kontrolle unterziehen können. Das Gericht vergibt die Chance, der ausdrücklich als staatlicher Schutzauftrag operationalisierten Völkerrechtsfreundlichkeit auch Zähne in Form gerichtlicher Kontrollierbarkeit zu verleihen.

Stellungnahme zur Causa „Frauke Brosius-Gersdorf“

Über 300 Rechtswissenschaftler*innen protestieren in dieser Stellungnahme nachdrücklich gegen die Art und Weise, wie im Rahmen der Richterwahl zum Bundesverfassungsgericht in der Politik und in der Öffentlichkeit mit Frauke Brosius-Gersdorf umgegangen wurde. Dieser Umgang ist geeignet, die Kandidatin, die beteiligten Institutionen und mittelfristig über den Verfall der angemessenen Umgangskultur die gesamte demokratische Ordnung zu beschädigen.

Kinderrechte und die GEAS-Reform

Teilweise bringt die GEAS-Reform Verbesserungen für die Rechtsstellung von Kindern mit sich. Andere Bereiche – wie etwa die Regelungen zum neuen Screening-Verfahren oder Möglichkeiten der (de facto) Inhaftierung von Kindern – werfen aus kinderrechtlicher Perspektive allerdings Bedenken auf. Vor diesem Hintergrund beleuchtet dieser Beitrag, wie das Kindeswohl bei der nationalen Umsetzung der GEAS-Reform angemessen berücksichtigt werden kann.

Betreutes Regieren

Auf einem viertätigen Symposium "Demokratie in Zeiten der Krise" diskutierten in Elmau der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth und Bundeskanzleramtsminister Wolfgang Schmidt unter anderem über den Umgang der Politik mit verfassungsrechtlicher Ungewissheit und Schmidts Vorschlag, das Bundesverfassungsgericht wieder als Gutachter in diffizilen Verfassungsfragen einzusetzen. Eine auf den ersten Blick sympathisch klingende Idee, die gleichwohl mit Vorsicht zu genießen ist, drohen doch Politisierung und falsch verstandene Gewaltenverschränkung.

Neues nur am Rande

Die große Überraschung blieb aus. Die Verfassungsbeschwerden gegen das Strompreisbremsegesetz von insgesamt 22 Betreibern von Anlagen zur grünen Stromerzeugung wurden zurückgewiesen (Az.:1 BvR 460/23, 1 BvR 611/23). Blickt man allein auf die tragenden Gründe für die Erfolglosigkeit der Beschwerden, hält das Urteil in der Tat wenig Überraschendes bereit. Interessant wird die Entscheidung allerdings in ihren Randbereichen und abseits der tragenden Gründe.

Kein Recht auf Profite mit der Miete

Auch der erst vor kurzem vorgestellte Gesetzesentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse steht nach dem Aus der Ampelkoalition auf der Kippe. Es ist jedoch dringend geboten, die Mietpreisbremse noch in dieser Legislaturperiode zu verlängern, besser noch, die Mietpreisbremse zu entfristen. Ernsthafte verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen keine. Demgegenüber drohen fatale Folgen für die Mieter:innen in Ballungsgebieten, wenn der Bundestag hier untätig bleibt.

Die Frage nach dem Vertrauen

Schon kurz nach Ende der Koalition stand für Bundeskanzler Olaf Scholz und für alle im Bundestag vertretenen Parteien fest, dass es Neuwahlen über den Weg der Vertrauensfrage bedarf. Hinter der knappen Norm des Art. 68 GG stehen einige Fragen grundsätzlicher Natur, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Geschichte bereits zweimal beschäftigt haben. Dass Scholz mit der Vertrauensfrage politisch taktiert, dürfte die Grenzen der bisherigen Rechtsprechung sichtbar machen.

Aufstieg und Fall des Rechts auf individuelle Ausbildungsförderung

Allseits wurde ein Paukenschlag erwartet: Nachdem das BVerwG dem BVerfG 2021 die Frage zur Entscheidung vorlegte, ob der Grundbedarfssatz für Studierende mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wappnete man sich in Berlin bereits für das scheinbar Unausweichliche – ein menschenwürdiges Existenzminimum für Studierende. Die lange erwartete Entscheidung des BVerfG, die letzte Woche veröffentlicht wurde, ist allerdings eher Triangel als Pauke. Das BVerfG erkennt keinen Anspruch auf individuelle, existenzsichernde Leistungen der Ausbildungsförderung.