Articles for category: BVerfG

Freiberufler-GmbH bleibt gewerbesteuerpflichtig

Das Bundesverfassungsgericht hat erkennbar keine Lust, der weiteren Nivellierung der Freien Berufe die Hand zu reichen – zumindest in steuerlicher Hinsicht: Freiberufler-GmbHs müssen weiter Gewerbesteuer zahlen, so ein heute veröffentlichter Nichtannahme-Beschluss aus Karlsruhe. Danach ist es völlig in Ordnung, die Frage Gewerbe oder nicht nach der gesellschaftsrechtlichen Rechtsform zu beantworten statt nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit: Eine Kapitalgesellschaft kann nicht (…) aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Sie ist darauf angewiesen, ihre Tätigkeiten durch Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder andere Arbeitnehmer wahrnehmen zu lassen. Gegenüber diesen Personen kommt der Kapitalgesellschaft eigene Rechtssubjektqualität zu. Ihre Tätigkeit erschöpft sich darin, dass sie ... continue reading

Ein Denkmal durch Grundstücksteilung wertlos machen zieht nicht

Ein Baudenkmal zu erben, kann eine ziemliche Last sein: Im Extremfall kann man mit dem Grundstück nichts anfangen, weil das Denkmal drauf steht, zu dessen Erhaltung man obendrein auch noch richtig viel Geld ausgeben muss. Art. 14 II Grundgesetz sieht bekanntlich vor, dass Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen hat. Dazu gehört auch der Denkmalschutz. Die Sozialbindung endet erst, wenn mit dem Grundstück wegen des Denkmals überhaupt nichts mehr anzufangen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer heute veröffentlichten Entscheidung den Versuch einer Handvoll Schlosserben abgewehrt, sich durch Herbeiführung dieses Zustands der Sozialbindung und damit ... continue reading

BVerfG: Knapp und verletzend

Die heute veröffentlichte Kammerentscheidung, den Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu überprüfen, hat gerade mal acht Zeilen Begründung: Keine Klagebefugnis, da nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen, da kein individueller Unterlassensanspruch gegen den Staat, Steuermittel nicht verfassungswidrig einzusetzen. Punkt, Ende. Da hat selbst manche Verhängung einer Missbrauchsgebühr mehr Fleisch an den Knochen. Und dann auch ein Druckfehler drin: „§ 221 Abs. 1 GG“ – muss natürlich SGB V heißen und nicht GG. Haben das die Kläger und ihr Bevollmächtigter Helge Sodan von der FU Berlin wirklich verdient? Vor einem knappen Jahr hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerden der privaten Krankenversicherer u.a. gegen ... continue reading

BVerfG: Gute Nachrichten für Blogger

Das Bundesverfassungsgericht hat das Landgericht Berlin in punkto Meinungsfreiheit eingenordet: Aggressive, zugespitzte, subjektive, personalisierende Anpranger-Berichterstattung – mit anderen Worten: Blogs – kann man nicht ohne weiteres unter Berufung auf das Persönlichkeitsrecht verbieten lassen. Ein Website-Betreiber – offenbar ein Blogger, welcher Provenienz ist mir nicht ganz klar – hatte Ärger mit einem Anwalt, über dessen Treiben im Zusammenhang mit einem Bankskandal oder dergleichen er auf seiner Website berichten wollte. Es gab einen einigermaßen unfreundlichen Schriftwechsel, aus dem der Blogger zitierte – was ihm der Anwalt mit Hilfe des LG Berlin prompt verbot: Persönlichkeitsrecht, so das Landgericht – der Anwalt werde durch ... continue reading

BVerfG stärkt Eigentum bei Fluglärm

Wer das Pech hat, mit seinem Häuschen einem öffentlichen Großvorhaben weichen zu müssen, wird entschädigt. Er bekommt, give or take, den Wert seines Häuschens vom Staat erstattet. Aber wie stellt man diesen Wert fest? Was ist ein Häuschen, das bekanntermaßen einem Großvorhaben weichen muss, überhaupt wert? Das BVerfG hat in einem heute veröffentlichten Kammerbeschluss einen Pfosten für die Häuschenbesitzer eingeschlagen: Den Wert zum Zeitpunkt der Anspruchstellung (wo das Häuschen längst entwertet ist) zu ermitteln, verletzt das Grundrecht auf Eigentum, Art. 14 GG. Der Fall betrifft einen Anwohner des künftigen Flughafens Berlin-Brandenburg im idyllischen Schönefeld, dessen Haus künftig mitten in der ... continue reading

BVerfG: Grundrechte und apokalyptische Esoterik sind zweierlei

Dass das Bundesverfassungsgericht eine Institution der Aufklärung ist, zeigt dankenswerterweise wieder einmal der heute veröffentlichte Beschluss, eine Verfassungsbeschwerde gegen den neuen Teilchenbeschleuniger am CERN in Genf nicht zur Entscheidung anzunehmen. Wenn ich das richtig verstehe, haben die Beschwerdeführer Angst, dass der Teilchenbeschleuniger ein Mini-Schwarzes-Loch entstehen lässt, in dem dann – puff! – die ganze Welt mit Mann und Maus und Erde und Planetensystem verschwindet wie der Dreck unterm Teppich im Staubsauger. Zu den Sünden meiner Jugend gehört zwar auch ein unglückseliges Semester Physik an der TH Darmstadt, aber ich verstehe nicht annähernd genug von der Sache, um über die möglichen ... continue reading

BVerfG stärkt Meinungsfreiheit von Ausländerfeinden

Keine vier Monate ist es her, dass das Bundesverfassungsgericht den § 130 IV StGB mit dem Argument gerechtfertigt hatte, dass die Verherrlichung des Nationalsozialismus durch die Meinungsfreiheit nicht geschützt sei, weil der Nationalsozialismus für die Anti-Nazi-Verfassung Grundgesetz eben keine schützenswerte Meinung unter vielen sei, sondern das Gegenteil einer schützenswerten Meinung. Jetzt schiebt die 2. Kammer des Ersten Senats eine Entscheidung hinterher, die auf den ersten Blick in die entgegengesetzte Richtung zu weisen scheint: Die bayerische Justiz hatte ein Trüppchen Augsburger Rechtsextreme wegen Volksverhetzung verurteilt, weil sie 2002 Plakate mit der Aufschrift „Aktion Ausländer-Rück-Führung – für ein lebenswertes deutsches Augsburg“ geklebt ... continue reading

Vorratsdatenspeicherung: Kein Grund zum Jubeln

Freut euch nicht zu früh. Nach Lektüre der Pressemitteilung scheint mir das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung kein einschränkungsloser Grund zum Jubeln. 1. Das Gericht hat die Speicherung der Vorratsdaten als solche für verfassungsmäßig erklärt – unter engen und vor allem sehr, sehr detaillierten, aber dennoch erfüllbaren Voraussetzungen. Das heißt: Die Vorratsdatenspeicherung, in den Worten des Gerichts „ein besonders schweren Eingriff mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt“ und geeignet, ein „diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann“ – dieses würgende und vom Gericht zu Recht ... continue reading

Karlsruhe scheut keinen Kaminkehrer

Das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz gehört im Allgemeinen zu den weniger durchdrungenen Rechtsmaterien. Und auch sonst tritt einem der Schwarze Mann sonst nur noch als dumme Pfeifenputzerfigur auf Sylvestermarzipanschweinchen entgegen. Schon deshalb ist dieser heute veröffentlichte Nichtannahmebeschluss des BVerfG ein kleines Juwel. 2008 hat der Bundesgesetzgeber das „Kehr- und Überprüfungsmonopol“ der Rauchfangkehrer geschliffen, auf europäischen Druck. Dagegen klagten zehn Bezirksschornsteinfegermeister (das Wort allein birgt ein ganzes Spitzweg-Idyll in sich), die ihre Berufswahl mit den Worten des Gerichts „bestimmt vom Wunsch nach Krisen- und Planungssicherheit“ und durch den jählings eingeführten Wettbewerb gleichsam im Nachhinein vernichtet sahen. Was in ihren Augen ihr Grundrecht auf freie ... continue reading

Karlsruhe punktiert noch eine rot-grüne Großreform

Nach dem Hartz-IV-Urteil hat sich der Erste Senat des BVerfG erneut eine rot-grüne Großreform angeschaut und ist wieder nicht zufrieden: Heute hat der Senat einen Teil der Steuerreform 2000 (das war die, wo Schröder sich den Segen des Bundesrats zusammenkaufte) hat der Senat mit 6:2 Stimmen heute für verfassungswidrig erklärt, weil die damals gefundenen Differenzierungen den Karlsruher Richtern nicht einleuchten. Steuerrecht ist dünnes Eis für mich. Deshalb hier nur der Link.