Articles for category: BVerfG

Riesentriumph im Kampf gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben

Das Bundesverfassungsgericht hat die Benachteiligung der Homo-Ehe bei der Hinterbliebenenrente im öffentlichen Dienst für verfassungswidrig erklärt. Nicht nur das: Nach den schlappen Kammerentscheidungen des Zweiten Senats 2007 und 2008, der ebenso schlappen Nicht-Entscheidung zur Stiefkindadoption und der superschlappen Entscheidung zur künstlichen Befruchtung hat der Erste Senat jetzt ein Grundsatzurteil zur Diskriminierung von Schwulen und Lesben gefällt, das im politischen und juristischen Resonanzraum noch lange nachhallen wird. Erstmals hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich anerkannt, dass eine Ungleichbehandlung nach sexueller Orientierung ähnlich strengen Rechtfertigungskriterien unterliegt wie eine Diskriminierung nach Geschlecht, Rasse, Glauben und anderer in Art. 3 III GG explizit verbotener Kriterien. Wow. ... continue reading

Hartz IV: Da kommt was Fundamentales auf uns zu…

Ich war nicht bei der heutigen Verhandlung vor dem BVerfG in Karlsruhe, aber der Bericht der Kollegin Corinna Budras von der FAZ lässt den Schluss zu, dass der Erste Senat die Fundamente des Sozialstaats neu gießen will: Menschenwürde als Maßstab, Ermessensgrenzen des Gesetzgebers bei Gestaltung von Sozialleistungen – das klingt nicht, als stünde uns eine Musterentscheidung verfassungsrichterlicher Selbstbeschränkung ins Haus…

Neues zu “Neues aus Karlsruhe zum EU-Haftbefehl”

Irgendwie häuft es sich in letzter Zeit, dass das Bundesverfassungsgericht immer wieder die gleichen Fälle erneut auf den Tisch bekommt. Am 3. September hatte die 2. Kammer des Zweiten Senats einem Deutsch-Griechen zu seinem Recht verholfen, der in Griechenland wegen einer nach deutschem Recht verjährten Tat gesucht worden war. Anschließend hatten die Griechen einfach einen neuen Haftbefehl erlassen, und dann wenig später noch einen dritten – wegen ganz anderer Taten als beim ersten Mal. An Tatvorwürfen gegen den Mann scheint kein Mangel zu herrschen: Diesmal soll er dem griechischen Staat zur Olympiade 2004 ein Sicherheitssystem verkauft haben, das er von ... continue reading

“So schnell schächtet hier bei uns in Hessen keiner…”

Vor sieben Jahren hat das BVerfG einem muslimischem Metzger zu seinem Recht verholfen, der sich gegen das Schächtverbot gewandt hatte. Davon scheint der Mann aber bislang nicht viel gehabt zu haben: Jetzt musste das Gericht erneut einschreiten. Der hessische Verwaltungsgerichtshof scheint da eine ziemlich skandalöse Nummer geschoben zu haben. PM dazu hier, Entscheidung hier. Ist das eine Görgülü-Konstellation? Sind da Richter am Werk, die sagen, Karlsruhe ist weit weg und die können mich mal?

An Deutschland wird Lissabon nicht mehr scheitern

Das ging schnell, und das Ergebnis ist erfreulich eindeutig: Das BVerfG hat den vorerst letzten Versuch, den Lissabon-Vertrag doch noch zum Platzen zu bringen, im Ansatz gestoppt. Die 2. Kammer des Zweiten Senats – Besetzung: Broß (!), Di Fabio (!!), Landau (!!!) – hat die Verfassungsbeschwerde gegen die Begleitgesetze nicht zur Entscheidung angenommen. Und Köhler hat heute unterschrieben. Ein Ende macht die Kammer auch der Murswiek-Saga, dass das Lissabon-Urteil eine Ratifikation des Vertrags nur unter völkerrechtlichem Vorbehalt zulasse: Dafür sei überhaupt keine Notwendigkeit erkennbar, so die Kammer knapp und kühl. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 30. Juni 2009 entschieden, ... continue reading

Sprengelpflicht für Grundschüler: Keine Hilfe aus Karlsruhe

In welcher Grundschule ein Kind eingeschult wird, kann man sich bekanntlich nicht aussuchen, sondern hängt vom Wohnort der Eltern ab: In der Regel kommt das Kind (wenn die Eltern sich keine Privatschule leisten) in die so genannte Sprengelschule. Wenn die nichts taugt, dann ist das schlecht für das Kind, und in solchen Situationen sind Eltern zu jeder Kraftanstrengung bereit – bis hin zum (Schein-)Umzug. Vom Bundesverfassungsgericht ist jedenfalls keine Hilfe zu erwarten: Karlsruhe hat heute in einer Kammerentscheidung einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen. Die Eltern wollten bilingualen Unterricht und einen Musikschwerpunkt, und beides gab es auf der Sprengelschule nicht, ... continue reading

Die gespitzten Lippen des Professor Di Fabio

Ulrich Karpenstein und Jan Bergmann haben in einem Aufsatz, der demnächst in der ZEUS erscheinen soll, untersucht, wie wahrscheinlich es ist, dass das BVerfG ernst macht mit der Kompetenzkontrolle über die EU. Ulrich hat mir den Aufsatz netterweise zur Verfügung gestellt (hier). Die Ergebnisse, zu denen die beiden kommen, sind alles andere als beruhigend. Aber lest selbst.

Anhörung zu Lissabon-Begleitgesetz: Der “Krieg der Richter” wird politisch

Der Bielefelder Europarechtler Franz Mayer hat heute bei der Anhörung zum Lissabon-Begleitgesetz ein prophetisches Wort gesprochen: „Wenn zwei verschiedene Akteure das ,letzte Wort‘ in Anspruch nehmen, hört das, was Recht zu leisten vermag, auf. Dann wird’s politisch.“ Wie er das genau gemeint hat, weiß ich auch nicht. Aber in einem Sinn hat er zweifellos Recht, und das hat die heutige Anhörung eindrucksvoll gezeigt: Der drohende „Krieg der Richter“ zwischen Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof, der Konflikt um das „letzte Wort“ bei der Kompetenzkontrolle der Europäischen Union, wird in der Tat zu allererst die Politik unter Entscheidungszwang setzen.