Articles for category: EuGH

Nach all den Jahren: Der Konflikt über die Bananenmarktordnung ist beigelegt

In den Annalen der Rechtsgeschichte markieren wir den gestrigen Tag als denjenigen, an dem der Konflikt um die Bananenmarktordnung endete. Ein großer Tag, ein bedeutender Tag. Die Geschichte begann vor fast 20 Jahren: Die EU plante eine Marktordnung, die Bananen aus ehemaligen französischen und britischen Kolonien in Afrika, in der Karibik und im Pazifik gegenüber solchen aus anderen Staaten zollrechtlich privilegierte. Das fanden vor allem die deutschen Obstimporteure nicht gut, weil die so genannten AKP-Bananen als mickrig und unansehnlich galten und sie Umsatzeinbußen befürchteten. Außerdem fanden das die Bananenexporteure aus Mittelamerika und die großen US-Obstkonzerne nicht gut, aus selbsterklärenden Gründen. ... continue reading

Abtreibungs-Urteil aus Straßburg?

In den USA ist das Abtreibungs-Thema seit Jahrzehnten eins der am heißesten diskutierten verfassungspolitischen Themen überhaupt. An Roe vs. Wade, das Grundsatzurteil des Supreme Court von 1973 zur Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, scheiden sich nach wie vor die politischen wie die verfassungsrechtlichen Geister. Bekommt jetzt auch Europa ein illegale Abtreibung lebenslange Haft. Das Recht des Fötus auf Leben steht in der Verfassung. Bei extremer Gefahr für das Leben der Mutter kann zwar seit einem Urteil des irischen Supreme Courts 1992 die Schwangerschaft abgebrochen werden. Aber auch dafür gibt es keine rechtlichen Regeln, so dass kaum ein Arzt sich bereit findet, den ... continue reading

Frankreich: Senat nimmt Karlsruhe in Schutz

Nach all der Kritik, die das BVerfG wegen des Lissabon-Urteils aushalten musste, findet der Zweiten Senat heute Hubert Haenel, Vorsitzender des Europaausschusses, kommt darin zu dem Schluss, dass das Lissabon-Urteil in Wirklichkeit total in Ordnung geht. Der Bericht fasst die Funktionsweise der deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit und die ganze Vorgeschichte von Solange I und II über Maastricht sehr präzise und gut zusammen (wer sich da näher informieren will und gut genug französisch kann, für den lohnt sich die Lektüre). Was die Bewertung des Lissabon-Urteils betrifft, kann Haenel gar nicht verstehen, was die Kritiker eigentlich haben. Das Gericht habe nur seinen Job getan, ... continue reading

EGMR korrigiert Karlsruhe in Sorgerechtsfrage

Schon wieder rumpeln Straßburg und Karlsruhe in einem Fall aneinander, wo es um die Rechte unverheirateter Väter geht. Die deutsche Regelung, wonach uneheliche Väter nach der Geburt nicht gegen den Willen der Mutter ein gemeinsames Sorgerecht durchsetzen können, hatte das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dagegen hält dies für eine Diskriminierung (Art. 14 EMRK) unehelicher Väter sowohl gegenüber Müttern als auch gegenüber ehelichen Vätern und obendrein für einen Eingriff in deren Recht auf Familienleben (Art. 8 I EMRK). Das zentrale Argument des Bundesverfassungsgerichts (Erster Senat) war im Grunde der alte römische Rechtsgrundsatz: Mater semper certa est. Bei unverheirateten Eltern sei ... continue reading

Schweiz: a blessing in disguise?

Kurzfristig ist das Schweizer Minarett-Referendum zweifellos eine furchtbare Sache – vor allem für die Schweizer Muslime sowie all jene zahlreichen Schweizer, die sich für das Ergebnis schämen und nun in der ganzen Welt – mitgefangen-mitgehangen – genauso als xenophobe Vierkantschädel dastehen wie ihre majoritären Mitbürger. Aber längerfristig könnte der Vorgang das europäische Verfassungsverständnis revolutionieren: Wir sind immer noch gewohnt, unsere nationale Verfassung als den Schlussstein der Normenpyramide zu betrachten, als den obersten Haken, an dem alles Recht aufgehängt ist und aufgehängt sein muss, sonst gilt es für uns nicht. Der Fall der Schweiz eignet sich wie kaum ein zweiter als ... continue reading

Vorratsdatenspeicherung: Rumänisches Verfassungsgerichtsurteil liegt jetzt auf deutsch vor

Das rumänische Verfassungsgerichtsurteil zur Vorratsdatenspeicherung ist jetzt in deutscher Übersetzung online, nicht amtlich, sondern beim wahrgenommen wird. Die Kläger werden das Urteil bestimmt auch bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe zur Sprache bringen. Und wer weiß, vielleicht gehen die Richter sogar in ihren Urteilsgründen auf die Position ihrer rumänischen Kollegen ein. Das wäre ein erfreulicher Nebeneffekt, wenn auf diese Weise das vergleichende europäische Verfassungsrecht gestärkt würde.

Wie der EuGH unsere Sorgen zerstreut

Auf meine EuGH-Urteils Kommission/Spanien, C-154/08, habe ich jetzt eine Antwort bekommen. Zur Erinnerung: Der EuGH hat erstmals einen Mitgliedsstaat wegen einer Vertragsverletzung verurteilt, die auf einem höchstrichterlichen Urteil beruht. Diese Konstellation ist in zweierlei Hinsicht extrem brisant: Erstens kommt damit der verurteilte Mitgliedsstaat in eine böse Zwickmühle, da er die Vertragsverletzung kaum stoppen kann, ohne die Unabhängigkeit der Justiz anzutasten. Zweitens krachen damit europäische und nationale Justiz ungebremst gegeneinander: Daraus kann ein veritabler Verfassungskonflikt entstehen, und zwar durchaus auch bei uns. Wenn etwa das Bundesverfassungsgericht demnächst in Sachen Vorratsdatenspeicherung oder Altersdiskriminierung EU-Recht für ultra vires erklärt, ohne die Sache zuvor ... continue reading