Articles for category: Gerichte

Ein stabiles Parlament (auch) für Europa

Die (Wieder-)Einführung der Sperrklausel bei den Wahlen des Europäischen Parlaments (EP) in Deutschland hat eine wichtige Hürde genommen: Das Bundesverfassungsgericht steht einer unionsrechtlich verbindlich vorgegebenen Zwei-Prozent-Sperrklausel nicht im Weg. Anträge der Partei DIE PARTEI und ihres Vorsitzenden gegen die Zustimmung Deutschlands zu einer verbindlichen Sperrklausel im EU-Direktwahlakt (DWA) verwarf das Gericht in seinem Beschluss vom 6.2.24 mangels hinreichender Begründung eines Eingriffs in die deutsche Verfassungsidentität als unzulässig. Und das lag nicht nur am begrenzten Prüfungsmaßstab des Gerichts. Der von der Zustimmung der Mitgliedstaaten abhängigen Reform des DWA sollte nun von deutscher Seite nichts mehr in die Quere kommen.

Schutz ist gut, Vertrauen ist besser

„Wehrhafte Demokratie“, „Grundrechtsverwirkung“ und „Parteiverbot“ klingt es dieser Tage durch Straßen, Foren und Medien. „Endlich“ möchte man meinen, schließlich zeigen Beispiele in Polen, Ungarn, Israel und den USA, welch bemerkenswert fragile Gebilde Demokratie und Rechtsstaat weltweit sind. Die Forderungen zum Schutz der Verfassung sind nicht länger nur Parolen. Stattdessen gibt es inzwischen konkrete Überlegungen, das Bundesverfassungsgericht besser zu schützen. Entsprechende Überlegungen dürfen allerdings nicht den Blick dafür verstellen, dass auch eine erfolgreiche Reform beileibe nicht alle Gefährdungen beseitigen würde.

Protect the German Federal Constitutional Court!

For a long time, we felt in Germany as though we were in a world of bliss. While the independence of the judiciary was being attacked in Poland, the USA and most recently in Israel, we were blessed with a strong constitutional court. Over the decades, it has proven to be independent and impartial; it has earned immense trust and respect among the public. However, the independence of the Federal Constitutional Court is built on sand. Now, a public debate has flared up as to whether and how the independence of the Constitutional Court should be protected. A look into other legal systems can contribute to this debate.

Schützt das Bundesverfassungsgericht!

Lange fühlten wir uns in Deutschland wie auf einer Insel der Seligen. Während in Polen, den USA und zuletzt in Israel die Unabhängigkeit der Justiz unter Beschuss ist, sind wir gesegnet mit einem starken Verfassungsgericht. Es hat sich über die Jahrzehnte als ausgewogen und unabhängig erwiesen; in der Bevölkerung hat es sich ein immenses Vertrauen erarbeitet. Doch die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts steht auf tönernen Füßen. Nun ist auch in der Öffentlichkeit die Debatte entbrannt, ob und wie man die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts schützen sollte. Der Blick in andere Rechtsordnungen kann zu dieser Diskussion viel beitragen.

Kein Geld ist auch eine Lösung

Viereinhalb Jahre nach dem Antrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung auf Ausschluss der NPD (heute „Die Heimat“) von der staatlichen Parteienfinanzierung hat das Bundesverfassungsgericht am 23. Januar 2024 entschieden: Die „Heimat“ ist für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Das Verfahren ist das erste seiner Art nach Verankerung des Finanzierungsausschlusses im Grundgesetz im Jahr 2017. Dessen Voraussetzungen hat das Bundesverfassungsgericht nunmehr erstmals konkretisiert und dabei den engen Zusammenhang zwischen Finanzierungsausschluss und Parteiverbot betont.

Wer wacht über die Wächter?

Fast möchte man sagen: endlich! Regierung und Opposition wollen gemeinsam versuchen, das Bundesverfassungsgericht besser vor einer möglichen Einflussnahme durch Feinde der Demokratie zu schützen. Dafür wollen sie die Verfassung anpassen. Allerdings zeigt ein Blick in die Länder, dass entsprechende Vorhaben nicht umsonst zu haben sind. Sie können demokratische Kosten und bisweilen kontraproduktive Wirkungen zeitigen.

Too little, too late

A few weeks after the ECtHR first stepped into the ring for the fight against rule of law backsliding in Poland via its Xero Flor judgment, it has now dealt a new blow to the Polish judicial reforms. In its Broda and Bojara ruling, the issue at hand was not the composition of the Constitutional Court, but the termination of judges’ mandates as court (vice) president. In its judgment, the Court showed once more its commitment to the safeguarding of domestic judges and the procedural protection they should enjoy. Yet, one can wonder whether the judgment will really have an impact and if it is not too little too late.

Die Qual der Wahlprüfung

Es lohnt sich, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Teilwahlwiederholung in Berlin genauer anzuschauen. Nicht nur, weil sie deutliche Absetzbewegungen zur Entscheidung des VerfGH Berlin aufweist, sondern auch weil sie im Hinblick auf Wahlfehler und Mandatsrelevanz einige spannende rechtsdogmatische Fragen aufwirft und in einigen Teilen widersprüchlich und nicht überzeugend ist. Für den Gesetzgeber ergeben sich aus den Urteilsgründen Ansätze für gesetzliche Normierungen von Wahlprüfungsregelungen.

Wahlrechtsprüfung in der zweiten Halbzeit

Knapp 27 Monate nach der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag und rund 21 Monate vor der nächsten Wahl hat das Bundesverfassungsgericht abschließend über Fehler bei der Durchführung der Wahl im Land Berlin entschieden. In einigen Monaten muss deshalb in – die Wahl wiederholt werden, wobei schon jetzt feststeht, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag dadurch nicht ändern werden. Das Urteil vertieft und präzisiert überwiegend alte Rechtsprechung. Einen dringenden Reformbedarf beim Wahlprüfungsverfahren lässt dagegen der Kontext der zeitliche Entscheidung erkennen.

Orbán’s Veto Play – The Subsidiarity Card

Viktor Orbán is known to use veto threats in the European Council to get his way. This time, he was keen to see that after months of tense exchanges with the Commission, Hungary gets access to EU funds that had been blocked in order to achieve compliance with the rule of law and fundamental rights conditionality. So, PM Orbán saw it fit to loudly contest Ukraine’s accession and the financial aid package of 50 billion Euros. This may be PM Orbán’s strongest veto play to date.