Articles for category: Tagungsberichte

Die EU als Empire

Was ist das eigentlich für ein Besuch, den die Kanzlerin den Griechen da heute abzustatten gedenkt? Ist das ein Staatsbesuch, eine diplomatische Geste wechselseitigen Respekts zwischen zwei Mächten, die bestimmte politische und wirtschaftliche Interessen teilen? Ist das die Visite des freundlichen Hegemons, der die Provinzen bereist und dort sein „blutendes Herz“ zur Schau stellt? Oder ist das die zeitgenössische Variante eines Truppenbesuchs während der Niederschlagung eines Eingeborenenaufstands? Vorletzte Woche war ich in Tübingen und habe mir beim Kongress der DVPW einen Eindruck darüber verschafft, wie die Politologen mit der Eurokrise und ihren Folgen für die Demokratie in Deutschland und Europa ... continue reading

Die Grenzen der Menschenrechte: Venice Academy of Human Rights 2012

Vom 9. bis 18. Juli wurde im alten Kloster San Nicolò auf dem Lido in Venedig über Menschenrechte und ihre Grenzen diskutiert. Die Organisatoren der Sommerakademie hatten hierfür einige große Namen des Völkerrechts und der Politischen Theorie  sowie Praktiker im Bereich des internationalen Menschenrechts- bzw. Flüchtlingsschutzes eingeladen – ein Wermutstropfen war die kurzfristige Absage von Seyla Benhabib. Auf die Vorlesungen und Seminare von vier der Vortragenden wird im Folgenden näher eingegangen werden. Die Kritik: Martti Koskenniemi Den Auftakt machte Martti Koskenniemi mit einer Vorlesung über Völkerrechtsgeschichtsschreibung und Eurozentrismus – und verschiedene Ansätze, diesem Problem zu begegnen. Damit war bereits der ... continue reading

Occupy the Law!

Turin ist weit weg von Frankfurt, und von „Blockupy“-Stimmung und Bankenprotest war in der norditalienischen Auto- und Nougatstadt letzte Woche nicht viel zu spüren. Wer einen Funken systemkritischen Zeitgeist erleben wollte, der musste sich in das vor den Toren Turins gelegene Städtchen Moncalieri aufmachen. Dort, im klassizistischen Prunk des Collegio Carlo Alberto, rangen drei Tage lang Soziologen, Juristen und Philosophen um theoretische Antworten auf die praktische Frage, ob und was wir uns vom Finanz- und anderen expansiven gesellschaftlichen Systemen alles gefallen lassen müssen. Und was wir tun können, um uns zur Wehr zu setzen. Hauptinitiator der Tagung war Gunther Teubner ... continue reading

L’Uom di Sasso! L’Uomo Bianco!

Ich bin gerade in Turin auf einer Konferenz über Societal Constitutionalism (sehr faszinierend, ich werde noch gesondert darüber berichten). Unter den Präsentationen heute war eine, die mich nicht nur intellektuell, sondern auch emotional besonders berührt hat. Christian Joerges, der Bremer grand old man of Europarecht, arbeitet seit geraumer Zeit an dem Projekt, die eigentlichen Ziele und Legitimationsgrundlagen der europäischen Integration zu ergründen, jenseits der bloßen Planierung nationaler Rechtsunterschiede, um Handel und Kapital möglichst freie Bahn zu verschaffen. Nach seiner Theorie des „conflict-law constitutionalism“ ist die EU vor allem dazu da, die Demokratiedefizite der Nationalstaaten zu kompensieren: Nationale Demokratien sind blind ... continue reading

Der arabische Frühling und das Völkerrecht

Ein kurzer Bericht über die Tagung des Arbeitskreises junger Völkerrechtswissenschaftler_innen (AjV) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationales Recht (DGfIR), „Demokratie – Wandel – kollektive Sicherheit: Das Völkerrecht ein Jahr nach dem Umbruch in der arabischen Welt“, Düsseldorf, 23. und 24. März 2012 Von MIRKA MÖLDNER Frühlingsgefühle kamen im Heinrich-Heine-Saal der Düsseldorfer Universität nicht nur wegen des sonnigen Wetters auf, sondern auch wegen der erstmaligen Kooperation dieser Art des AjV mit der DGfiR sowie der Thematik der Tagung. Thema der Tagung war der „arabischen Frühling“. Erklärtes Ziel war, eine völkerrechtliche Bewertung des Umbruchs in der arabischen Welt vorzunehmen. Im ... continue reading

Assistententagung 2012: Grund und Grenzen juristischer Debatten

Von (dem Autor_innenkollektiv) HANNAH BIRKENKÖTTER, MICHAEL VON LANDENBERG-ROBERG, SABINE MÜLLER-MALL, ALEXANDER TISCHBIREK und TIM WIHL Um die Thesen und ihre Begründungen, die weit in theoretische Tiefen reichen oder bloße Darstellungen positiven Rechts bleiben können, ist es in juristischen Debatten ja höchst unterschiedlich bestellt. Als bloße Darstellungen erweitern sie in manchen Fällen Horizonte, informieren oder liefern Perspektiven, in anderen Fällen aber provozieren sie Fragen: jene nach dem warum und woher, nach ihrem Grund und ihren Grenzen. An diesem Vormittag der Assistententagung wurden solche Fragen gestellt, zahlreich und mit einiger Vehemenz, wie es eine rege Debatte auszeichnet: Könnte es sein, dass das ... continue reading

Assistententagung 2012: Halbzeitpause

Von (dem Autor_innenkollektiv) HANNAH BIRKENKÖTTER, MICHAEL VON LANDENBERG-ROBERG, SABINE MÜLLER-MALL, ALEXANDER TISCHBIREK und TIM WIHL Es ist „Halbzeit“ auf der 52. Assistententagung in Hamburg, zu der 250 wissenschaftliche Mitarbeiter_innen aus dem öffentlichen Recht aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz angereist sind. Und auch der zweite Tag der Assistententagung unternahm den Versuch, den Begriff der Kollektivität weiter einzugrenzen. In ihrem Festvortrag der Abendveranstaltung stellte Angelika Nußberger, Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und Professorin in Köln, etwa fest, dass ein Kollektiv nur dann existiere, wenn es sich über gemeinsame Werte definiere, die nach innen identitätsstiftend wirkten. Zwangsläufig führe eine ... continue reading

Kollektivität – zwischen Staat, Individuen und kollektiven Akteuren

Von (dem Autor_innenkollektiv) HANNAH BIRKENKÖTTER, ANN-KATRIN KAUFHOLD, MICHAEL VON LANDENBERG-ROBERG, SABINE MÜLLER-MALL, ALEXANDER TISCHBIREK und TIM WIHL Die Assistententagung 2012 hat inzwischen Fahrt aufgenommen und in den ersten Stunden des wissenschaftlichen Programms die Fundamente des Kollektivitätsbegriffes eingekreist. Indem die Organisator_innen in einer kurzen thematischen Einführung ihr Verständnis von Kollektivität als „zugespitztes Querschnittsthema“ für die Wissenschaft vom öffentlichen Recht deutlich machten, es als den Bezug zum Überindividuellen bestimmten, der sich im Spannungsfeld von Gemeinwohl, Gruppen- und Individualinteressen bewege,  deutete sich die Vielschichtigkeit (und zugleich auch Uneindeutigkeit) des Kollektivitätsbegriffs und seiner Bezüge an. Drei Koordinaten, die für die Konkretisierung des Begriffs relevant ... continue reading

Assistententagung 2012: Kollektives zum Auftakt

Von (dem Autorenkollektiv) HANNAH BIRKENKÖTTER, ANN-KATRIN KAUFHOLD, MICHAEL VON LANDENBERG-ROBERG, SABINE MÜLLER-MALL, ALEXANDER TISCHBIREK und TIM WIHL Einmal im Jahr versammelt sich der wissenschaftliche Nachwuchs im Öffentlichen Recht zur traditionsreichen Assistententagung. In diesem Jahr ist der Tagungsort Hamburg, und das Tagungsthema lautet „Kollektivität“ – womit bereits allerhand vorweggenommen ist: In Hamburg wird an drei Orten juristisch geforscht und gelehrt, an der Universität Hamburg, der Helmut-Schmidt-Universität und der Bucerius Law School. Man darf also bereits hinsichtlich des Umfelds und der Form der Tagung einiges zur Frage der Konstitution von Kollektiven erwarten: Drei Universitäten bzw. Hochschulen sehr unterschiedlicher Ausrichtungen und Traditionen, 16 ... continue reading

Crisis Talk at Humboldt University

By ISABEL FEICHTNER It’s easier to talk about love than about the debt crisis. Talking about the debt crisis, however, can be lovely. The conference “A Debt Restructuring Mechanism for European Sovereigns. Do We Need A Legal Procedure?” at Humboldt University on January 13 and 14 was a demonstration of lovely crisis conversation. Christoph Paulus, Professor of Private Law at Humboldt University, had convened a group of economists and lawyers, academics and practitioners from Europe, the USA, Latin America and Japan to discuss causes and responses to the European debt crisis. Even though the emphasis of the conference lay on ... continue reading