Kündigung der Vielfalt – ohne Diskussion
Wie Deutschlands Medienlandschaft besser vor rechtspopulistischen oder rechtsradikalen Ministerpräsidenten(innen) geschützt werden könnte.
Wie Deutschlands Medienlandschaft besser vor rechtspopulistischen oder rechtsradikalen Ministerpräsidenten(innen) geschützt werden könnte.
How to Safeguard Germany's Free and Pluralistic Media .
Wie Thüringens Polizei und Verfassungsschutz besser vor einer autoritären Regierung geschützt werden könnten
How to protect Thuringia's police and office for the protection of the constitution from an authoritarian-populist takeover
Der Thüringer Landtag hat mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD am 8.12.2023 erneut eine Waldrechtsänderung beschlossen, um den Ausbau der Windenergienutzung im Wald zu beschränken. Der Landesgesetzgeber läuft damit Gefahr, die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Beschluss vom 27.9.2022 zu unterlaufen. Darin hat das BVerfG das pauschale Verbot von Windenergieanlagen im Wald im Zuge der dritten Änderung des Thüringer Waldgesetzes in der Fassung vom 21. Dezember 2020 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Dem Land fehlte insoweit schlicht die Gesetzgebungskompetenz für das Bodenrecht. Auch beim neuen Versuch dürfte dem Landtag die Gesetzgebungsbefugnis fehlen, auch wenn sich die rechtliche Lage inzwischen etwas komplizierter darstellt.
Zurzeit diskutiert Thüringen mal wieder intensiv über die Ministerpräsidentenwahl, genauer den dritten Wahlgang. Georg Maier (SPD), Innenminister in Thüringen, will die Verfassung seines Bundeslandes ändern, denn er will ausschließen, dass nach der nächsten Landtagswahl ein*e Ministerpräsident*in ins Amt kommt, der*die im dritten Wahlgang nur eine einzige Stimme erhalten hat, während alle anderen Abgeordneten gegen ihn oder sie votiert haben. Bodo Ramelow (Die Linke), Thüringens Ministerpräsident, hält eine solche Verfassungsänderung für „völlig überflüssig“.
In ihrem Grundsatzprogramm plädiert die AfD für eine „zeitgemäße Medienpolitik“. Auf seiner Parteitagsrede im November gab Björn Höcke persönlich Einblick in die medienpolitischen Pläne der Partei: „Was passiert denn, wenn Höcke dann Ministerpräsident wird? Kündigt er denn die Medien-Staatsverträge? Ja, das macht der Höcke dann, ja!“ Doch was dann? Ein wichtiger Aspekt einer „zeitgemäßen Medienpolitik“ wäre der Aufbau eines eigenen AfD-Parteisenders. Der wäre zwar mit § 53 Abs. 3 MStV unvereinbar, jedoch bieten sich die nach dem geltenden Thüringer Landesmediengesetz zulässigen sogenannten Bürgermedien als missbrauchsanfällige Alternative an.
Im Juni 2024 stehen in acht Bundesländern Kommunalwahlen an, die viele Personen in kommunale Ämter spülen dürften, deren Verfassungstreue zweifelhaft ist. Der Umgang damit stellt eine wehrhafte Verfassungsordnung vor größte Herausforderungen. Das Thüringer Innenministerium adressiert diese Schwierigkeiten nun auch in einem Handlungsleitfaden, den es Anfang November an das Landesverwaltungsamt und die zuständigen Wahlausschüsse verschickt hat und der die Prüfkriterien der Rechtsprechung aufbereitet. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, ob nicht nur für das Beamtenrecht mit der „Causa Sesselmann“ ein problematischer Präzedenzfall geschaffen worden ist.
Mit einem umfangreichen Sonderbericht hat der Sächsische Rechnungshof kürzlich die finanzielle Förderung der Zivilgesellschaft durch das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt auf den Prüfstand gestellt. Der Rechnungshof bemängelt nicht nur ein fehlendes rechtsstaatliches Verwaltungshandeln und „Anhaltspunkte für Interessenkollision und Befangenheitstatbestände“ (S. 11 f.), sondern auch die fehlende politische Neutralität der geförderten Projekte (S. 111 ff.). Tatsächlich ist der Sonderbericht ein weiterer Erfolgsschritt einer langjährigen Strategie der AfD, genau dieses staatliche Neutralitätsprinzip als Waffe zur Einschüchterung einer demokratischen Zivilgesellschaft zu instrumentalisieren.
Die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow steht aktuell vor der Verabschiedung ihres Haushalts für das Wahljahr 2024. Dazu ist sie, wie bei allen von ihr eingebrachten Initiativen auf Stimmen der Opposition angewiesen. Vor diesem Hintergrund stellt sich gegenwärtig die Frage, ob der Ministerpräsident mittels der Vertrauensfrage den Landtag disziplinieren kann.