Articles for category: Thüringen-Projekt

Reproductive Backsliding

Wer die liberale Demokratie zurückbaut, baut auch reproduktive Rechte zurück. Denn autoritär-populistische Parteien glauben an die Idee eines „reinen Volkes“, das sich als solches reproduzieren soll. Das ist Teil des autoritär-populistischen Playbooks, nach dem Parteien in den USA und in Polen schon erfolgreich regiert haben. Doch Abgrenzungsgesten funktionieren hier nicht: Das gleiche kann in Deutschland passieren.

Der Wert der Gleichheit

Die größte Gefahr des autoritären Populismus für die liberale Demokratie besteht darin, dass er die politische Gleichheit aller Bürger*innen zu verneinen versucht. Häufig wird die liberale Demokratie mit ihren Institutionen und Verfahren gleichgesetzt. Was die liberale Demokratie im Kern auszeichnet – dass sie ihren Bürger*innen den Status als freie und gleiche Mitglieder des politischen Gemeinwesens gewährt – gerät so manchmal in Vergessenheit. Dabei ist es gerade dieses demokratische Grundprinzip, das autoritäre Populist*innen in Deutschland und darüber hinaus heute angreifen.

Wer ist das Volk?

Der Begriff des Volkes ist zentral für unser Grundgesetz – und ist es auch seit jeher für rechte Parteien und Bewegungen. Auch die Funktionär*innen, Mitglieder und Anhänger*innen der „Alternative für Deutschland“ (AfD) beziehen sich immer wieder positiv auf den Begriff des Volkes und legen nahe, dass es ein „eigentliches“, über die Gemeinschaft aller Staatsangehörigen hinaus gehendes Volk gebe, das es zu erhalten gelte. Das Grundgesetz zieht dem Volksbegriff allerdings Grenzen.

Wen es trifft

Diesen Sonntag finden die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen statt. Stärkste Kraft könnte in beiden Ländern eine autoritär-populistische Partei werden, die gegen Menschenwürde und Demokratieprinzip verstößt und die rechtliche Gleichheit der Staatsangehörigen in Frage stellt. Welche Szenarien der Diskriminierung könnten auf Thüringen und Deutschland zukommen, wenn die AfD in Regierungsverantwortung versuchen würde, diese politischen Bestrebungen umzusetzen?

Datenschutz gegen digitalen Autoritarismus

Die Datenmacht des Staates stellt für Bürger*innen und ihre Rechte im heutigen Zeitalter eine zentrale Gefahr dar. Unabhängige Datenschutzbehörden sollen Missbräuche dieser Datenmacht verhindern. Autoritäre Kräfte, die nach den anstehenden Landtagswahlen auch in deutschen Landesregierungen beteiligt sein könnten, könnten allerdings versuchen, diese Kontrolle zu neutralisieren.

Recht für rechts

SLAPP – dieses Kürzel steht für strategic lawsuits against public participation und befasst sich mit einem Phänomen, das sich steigender Beliebtheit erfreut: Klagen, die in erster Linie erhoben werden, um unliebsame Kritik zu unterdrücken. Insbesondere bei rechten Akteuren sind SLAPPs zuletzt immer beliebter geworden. Anfang des Jahres hat die EU eine Richtlinie gegen SLAPPs erlassen, die allerdings gerade gegen SLAPPs von rechts nicht viel ausrichten können wird.

Verfassungskonsenskultur in Gefahr

Das Erfolgsmodell der Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland beruht – aus dem Ausland mit gleichbleibend großer Verwunderung zur Kenntnis genommen – auf einer bekennend politischen Auswahl der Richterinnen und Richter. Da man aufgrund der hohen Hürde der Zweidrittelmehrheit zur Wahl die Stimmen der jeweiligen Opposition braucht, sind nur jene Kandidatinnen und Kandidaten durchzusetzen, die sich in die Karlsruher Dialogkultur einpassen. Nach dem gegenwärtig auf dem Tisch liegenden Vorschlag zur Änderung des Grundgesetzes sollen gerade diese einfachgesetzlichen Regelungen nicht im Grundgesetz abgesichert werden.