Schon wieder hat der EuGH der Kommission und dem Rat bei ihrem Versuch, dem Vorwurf der Intransparenz Taten entgegenzusetzen, in die Kniekehlen getreten.
Vor ein paar Wochen erst die Informationsfreiheit (Bavarian Lager). Jetzt die Agrarbeihilfen.
Die Bürokraten wollen Transparenz, aber die Richter lassen sie nicht. Verkehrte Welt, könnte man meinen.
Es geht um die Regel, dass jeder Bauer, der Zahlungen der EU erhält, mit Namen, Wohnort und empfangenen Betrag im Internet veröffentlicht wird. Das ist nicht besonders angenehm für die Landwirte: Ihr Geld kommt nicht selten zum überwiegenden Teil aus Brüssel. Und jetzt kann jeder missgünstige Nachbar ganz konfortabel mit Suchmaske nachschauen, wie es bestellt ist um die Einkommensverhältnisse nebenan.
Unverhältnismäßig
Das, so der EuGH heute, greift in unverhältnismäßiger Weise in das Recht der Bauern auf Privatsphäre ein. Gehorsam der Linie von Generalanwältin Eleanor Sharpston folgend, mahnt er Rat und Kommission, keine milderen Mittel geprüft zu haben,
wie etwa die Beschränkung der Veröffentlichung von Daten unter namentlicher Nennung der Empfänger nach Maßgabe der Zeiträume, während deren sie Beihilfen erhalten haben, der Häufigkeit oder auch von Art und Umfang dieser Beihilfen.
Gedanklich und rhetorisch ist das Urteil mehr als dürr. Ich will ja gar nicht sagen, dass es unbedingt anders hätte ausgehen müssen; ich will ja hier gar nicht den Transparenz-Jakobiner machen. Aber wenn man das EuGH-Urteil liest, dann hat man nicht den Eindruck, als ob die Richter die Notwendigkeit, in der Europapolitik für mehr Öffentlichkeit zu sorgen, wahnsinnig hoch gewichten würden.
Wir rümpfen ja hierzulande immer gern unsere kontinentale Nase, wenn wir uns mit der US-Justiz vergleichen, aber wenn man sieht, was der US Supreme Court im nicht unähnlich gelagerten Fall Doe vs. Reed kürzlich – vor allem in den Minderheitsvoten – zum Spannungsverhältnis zwischen Transparenz und Datenschutz zu sagen hatte, dann fühlt man sich fast ein bisschen beschämt.
Foto: Simon Holliday, Creative Commons
