3. Mai 2010

Maximilian Steinbeis

Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zahlen? Gut, aber ohne GEZ

Haushaltsabgabe statt GEZ-Gebühr: Laut Spiegel hat Paul Kirchhof in einem Gutachten diesem rundfunkpolitischen Paradigmenwechsel eine verfassungsrechtliche Unbedenklichkeitserklärung ausgestellt.

Damit steigen die Chancen, dass die Haushaltsabgabe kommt: Künftig werden wir nicht mehr nur dann für ARD, ZDF und Deutschlandradio zahlen, wenn wir Fernseher oder Radio in der Wohnung stehen haben. Sondern einfach so, per schierer Existenz. Ob ich von dem Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Gebrauch mache oder nicht, soll keine Rolle mehr spielen.

Immerhin, damit macht sich die Rundfunkfinanzierung wenigstens ehrlich: Seit jedes Smartphone ein potenzielles Empfangsgerät ist, funktioniert die Verknüpfung Empfangsgerät – öR-Nutzung – Zahlungspflicht sowieso nicht mehr. Und auch vorher schon war die Gebührenpflicht eines reinen RTL-II-Guckers nur mit allerhand rundfunkrechtlichem Hochreckturnen begründbar. Es ist vor allem diese Suggestionswirkung des Begriffs Rundfunkgebühr – ich zahle als Gegenleistung für etwas, das ich in Anspruch nehme -, die einfach nicht mehr haltbar ist.

Weder Markt noch Staat

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wie die Oper: Es ist gut und wichtig, dass es sie gibt – auch wenn keiner hingeht. Wir leisten uns das, und zwar nicht als Dienstleistungsangebot, das derjenige bezahlen muss, der es in Anspruch nimmt, sondern weil wir finden, dass es in unserem Staat so etwas geben sollte.

Nicht wir wollen das so, sondern (so das zur Auslegung berufene BVerfG) das Grundgesetz: Rundfunk ist wichtig für Öffentlichkeit, Meinungsvielfalt und freier politischer Auseinandersetzung und damit für die Demokratie. Und mit anderen Medien wegen seiner  Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft nicht vergleichbar.

Anders als die Oper kann der Rundfunk aber nicht einfach aus dem Steueraufkommen finanziert werden. Seit Konrad Adenauers vom Bundesverfassungsgericht gottlob vereiteltem Versuch, sich ein Kanzlerfernsehen hinzustellen, ist die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein Gebot des Grundgesetzes.

Damit zwingt die Verfassung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in eine prekäre Weder-Noch-Position: nicht Markt, aber auch nicht Staat. Die Fiktion, die „gesellschaftlichen Kräfte“ seien zur Übernahme der Kontrolle berufen, funktioniert mehr schlecht als recht. Die Rundfunkanstalten sind zu mächtigen und teuren Organisationen herangewachsen, bei denen man nicht genau weiß, wem sie eigentlich verantwortlich sind.

In dieser Situation ist die Haushaltsabgabe nicht die schlechteste Lösung. So unpopulär sind ARD und ZDF doch gar nicht. Was wirklich Hassgefühle auslöst, ist die GEZ. Wenn die Haushaltsabgabe hilft, dass man die nicht mehr braucht, dann ist dem Argument „wozu zahlen, was man nicht in Anspruch nimmt“ der giftigste Zahn gezogen.

(Full disclosure: Ich arbeite als freier Journalist u.a. auch für Deutschlandradio Kultur.)

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