Damit Journalisten ohne Angst vor Strafverfolgung recherchieren können, werden sie zukünftig nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat verfolgt, wenn sie ihnen zugespielte Dienstgeheimnisse veröffentlichen.
So steht es in Bundesjustizministerin LHSB’s Pressemitteilung zum heutigen Kabinettsbeschluss, das CICERO-Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Künftig soll die Staatsanwaltschaft nicht mehr die Redaktion durchsuchen dürfen, um ein Leck in der Verwaltung aufzuspüren. Die strafbewehrte Pflicht, Dienstgeheimnisse geheim zu halten, trifft nur die Beamten, nicht die Presse. Und da kann man sich auch nicht drum herum mogeln, indem man die Presse wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat versucht dranzukriegen.
Klingt gut. Ich bin sehr für Schutz von Journalisten. Ich bin schließlich selber einer.
Kein lückenloser Schutz
Aber wenn man genauer liest, bekommt man Zweifel, ob der Schutz wirklich so umfassend ist, wie die Ministerin behauptet.
Angenommen, die Sache läuft so ab: Ich treffe mich mit Ministerialrat X, der mir sagt, er hat ganz heißes Material für mich, ein Riesenskandal, das müsse an die Öffentlichkeit. Ich solle ihm eine sichere E-Mail-Adresse geben, damit er es mir schicken kann. Das tue ich. Das Material läuft ein, ich prüfe es, telefoniere mit ein paar Leuten, um es gegenzuchecken, und veröffentliche es schließlich auf dem Verfassungsblog.
Aus der Entgegennahme, Prüfung, Recherche und Veröffentlichung könnte mir künftig niemand mehr einen Strick drehen (mal unterstellt, ich gehe als Berufsjournalist durch, was ich doch meinen möchte).
Aber was ist mit der E-Mail-Adresse?
Damit helfe ich dem Ministerialrat, seine Tat zu begehen, und zwar vor Vollendung der Tat. Das ist laut Begründung ausdrücklich nicht von dem neuen Gesetz erfasst:
Weiterhin strafbar bleiben aber insbesondere Teilnahmehandlungen, die sich auf den Zeitraum beziehen, der vor der Offenbarung des Geheimnisses durch den Amtsträger liegt…
…, insoweit vergleichbar mit dem Fall, dass ich den Ministerialrat anrufe und ihn überrede oder besteche, damit er mir das Geheimnis verrät.
Bin ich paranoid, oder ist das eine Lücke, die sich die Ermittler auch künftig zunutze machen könnten?
