17. August 2010

Maximilian Steinbeis

Karlsruhe beendet Diskriminierung der Homo-Ehe bei der Erbschaftsteuer

Wenn der eine Ehepartner stirbt und der andere erbt, dann muss sich der Fiskus bei der Besteuerung Zurückhaltung auferlegen. Und das gilt nicht nur für die Ehe, die dem Papst Freude macht, sondern auch für die Homo-Ehe. Die gibt es seit 2001, und man darf sie nicht einfach ohne jeden sachlichen Grund diskriminieren: Der gleichgeschlechtliche Ehegatte ist dem Verstorbenen im Zweifel genauso nahegestanden, hat Anteil am Aufbau des vererbten Vermögens gehabt, hat für den Verstorbenen Verantwortung übernommen und ist für diese Verantwortung rechtlich eingestanden wie der verschiedengeschlechtliche Ehegatte auch. Also kann man nicht diesem einen großen Freibetrag bei der Erbschaftsteuer einräumen und jenem nicht.

Versteht sich das nicht eigentlich von selbst? Doch. (Inzwischen ist das Gesetz auch geändert, wenngleich nicht im Sinne eine vollständigen Gleichstellung.)

Es ist nur so, dass der Bundesfinanzhof 2007 die Ansicht vertrat, es sei absolut in Ordnung, die Homo-Ehe in punkto Erbschaftsteuer zu diskriminieren. Der Gesetzgeber dürfe sie gleichstellen, müsse sie aber nicht gleichstellen. Weil schließlich die Ehe nach Art. 6 GG unter dem besonderen Schutz des Staates stehe, und die Homo-Ehe nicht.

Der Fall ging nach Karlsruhe, und jetzt hat der Erste Senat erneut in wünschenswerter Klarheit ausgeführt, dass Art. 6 I GG dem Gesetzgeber mitnichten einen Freibrief zur Homo-Diskriminierung ausstellt. Der Beschluss liegt ganz auf der Linie der epochalen Senatsentscheidung vom letzten Sommer in Sachen Hinterbliebenenrente.

Nächster Halt Stiefkindadoption

Jetzt traue ich mich zu wetten: Der Ausschluss der Stiefkindadoption für Homo-Ehegatten ist das nächste Ding, das von Karlsruhe gekippt wird. Eine Verfassungsbeschwerde ist offenbar schon anhängig. Es würde mich schon sehr wundern, wenn der Erste Senat hier rechtfertigende Gründe findet, warum von Gesetz wegen Homo-Stiefeltern die Adoption verwehrt sein muss, ohne dass es auf die Einschätzung des Vormundschaftsgerichts zum Kindeswohl noch groß anzukommen braucht.

Zurück zur Erbschaftsteuer: Ein Loophole enthält der heutige Beschluss allerdings für einen Gesetzgeber, der unbedingt an der Homo-Ehen-Diskriminierung festhalten will. Er kann Hetero-Ehen höhere Freibeträge einräumen, soweit daraus Kinder hervorgegangen sind (RNr. 106f.). Dahinter steckt die Idee, dass der Erbschaftsteuerfreibetrag dem Zweck dient, die möglichst ungeschmälerte Weitergabe von Vermögen von einer Generation zur nächsten zu ermöglichen: Wenn die Mutter vom Vater erbt, soll nicht schon die Hälfte wegbesteuert werden, und dann beim Erbe der Kinder von der Mutter nochmal die Hälfte.

Insoweit, so der Erste Senat, sind Ehe und Homo-Ehe tatsächlich ungleich: Aus der Homo-Ehe gehen keine gemeinsamen Kinder hervor.

Mal sehen, ob die Union probiert, auf dieser Grundlage den diskriminierenden Status Quo zumindest stückweise zu retten. Der Senat scheint diese Gefahr gesehen zu haben und gibt dem Gesetzgeber den bestimmt sehr fürsorglich gemeinten Hinweis mit ins Gepäck, dass in diesem Fall

der ihn leitende Differenzierungsgrund klar zum Ausdruck kommen und sich gemessen am Umfang der unterschiedlichen Behandlung vor dem Hintergrund bestehender Unterschiede zwischen Ehegatten und Lebenspartnern als hinreichend tragfähig erweisen

muss (RNr. 120). Da ist also vorgesorgt für gegebenenfalls nötige weitere Verfassungsmäßigkeitsprüfungen.

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