19. August 2010

Maximilian Steinbeis

Karlsruhe flüstert ein Beschlüsschen zur Sicherungsverwahrung

Normalerweise hängt die Latte, ab wann eine Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht eine Pressemitteilung wert ist, ziemlich niedrig. Wenn die Pressestelle mal untätig bleibt, dann handelt es sich zumeist um kursorische Nichtannahmebeschlüsse, die keinen Menschen interessieren.

Die heute veröffentlichte Kammerentscheidung, einem Kinderschänder zu einer erneuten Überprüfung seiner Sicherungsverwahrung zu verhelfen, dürfte angesichts der Aktualität des Themas durchaus ein paar Leute interessieren.

Der Mann war 1997 wegen Missbrauchs von Kindern in 11 Fällen zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Als er die Strafe verbüßt hatte, holte die Strafvollstreckungskammer des OLG Koblenz 2001 ein externes Sachverständigengutachten ein, das ergab, dass der Täter von seiner päderastischen Obsession weiter völlig beherrscht sei und seinen Taten verharmlosend und distanzlos gegenüberstehe. Ergebnis: Sicherungsverwahrung.

2009 ordneten die Koblenzer Richter die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an, und zwar allein aufgrund des eigenen Eindrucks über die Gefährlichkeit des Mannes und ohne ein neues externes Gutachten anzufordern – obwohl das alte Gutachten schon acht Jahre alt war und der Mann angegeben hatte, er sei jetzt 62, und da sei „das mit der Sexualität“ nicht mehr so doll. Der Mann sagte auch noch so manches andere, etwa dass das mit den Kindern doch eh „nur so eine Spielerei“ sei und dass er sich eine maximal 10 Jahre jüngere Frau suchen wolle, sobald er in Freiheit sei, denn die habe dann keine kleinen Kinder mehr.

Die Strafvollstreckungskammer fand das so schräg, dass sie kein weiteres Gutachten mehr für nötig hielt, um die fortdauernde Gefährlichkeit des Mannes zu erkennen.

Das, so die 3. Kammer des Zweiten Senats, gehe nicht: Nach acht Jahren Sicherungsverwahrung müsse ein externer Gutachter prüfen, ob sich der Täter seither verändert hat.

Nun gut: Dass der Mann freikommt, ist damit noch lange nicht gesagt. Wenn der Mann tatsächlich so offensichtlich in seiner Obsession verharrt, wie die Strafvollstreckungskammer glaubt, dann wird das dem Gutachter schon auch auffallen. Insofern kann man schon verstehen, dass das BVerfG keine Lust hat, die irreführende Schlagzeile „Karlsruhe hilft Kinderschänder aus dem Knast“ zu provozieren…

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