16. September 2011

Maximilian Steinbeis

Karlsruhe lässt Landtage abblitzen

Landtage sind im Regelfall eine ziemlich trübe Sache. Es passiert nicht viel von Relevanz in den Landesparlamenten, schon deshalb nicht, weil die Länder nur noch wenig substanzielle Gesetzgebungskompetenzen besitzen. Die Macht liegt bei der Regierung, die über die Exekutive befiehlt und über den Bundesrat in der großen Politik mitmischt.

Das wird gelegentlich, wenn auch selten mit großer Leidenschaft, als föderaler und demokratischer Missstand bejammert: Schließlich sind die Parlamente doch am unmittelbarsten demokratisch legitimiert, womit ihre politische Bedeutungslosigkeit schlecht vereinbar zu sein scheint.

Aber wenn die Landtagsabgeordneten geglaubt haben sollten, im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts auf Sympathie für ihr Elend zu stoßen, dann haben sie sich getäuscht: Der hat nämlich heute dem Landtag von Schleswig-Holstein in denkbar kühler und knapper Form mitgeteilt, dass sie sich ihre Vorstellung, etwa auf eigene Faust den Bund wegen eines Eingriffs in die Rechte des Landes verklagen zu können, an den Hut stecken können.

In dem Streit ging es um die Schuldenbremse im Grundgesetz: Die war von der Föderalismuskommission II beschlossen worden, an der bekanntlich Vertreter von Bundestag und Bundesrat teilnahmen, die Landtage aber nicht bzw. nur in Feigenblattform von vier nicht stimmberechtigten Mitgliedern. Die Schuldenbremse schränkt, wie der Name schon sagt, das Recht der Länder ein, Schulden zu machen – und damit das Haushaltsrecht, das auf Landesebene den Landtagen zusteht.

Dieses Recht wollte der Kieler Landtag in Karlsruhe direkt einklagen, ohne den Weg über die Landesregierung zu gehen. Dem steht aber § 68 BVerfGG entgegen, der nur der Regierung das Recht gibt, einen Bund-Länder-Streit vom Zaun zu brechen, und niemandem sonst. Womit sich die Landtage nach dem Bescheid des Zweiten Senats gefälligst abzufinden haben: Sollen sie halt ihre Regierung per Organstreit darauf verklagen, dass sie ihr Budgetrecht gegenüber dem Bund mit einer Bund-Länder-Klage verteidigt.

Budgetrecht ? Das hatten wir doch gerade erst…

Wenn der Zweite Senat sich diesem „Königsrecht“ des Parlaments auch auf Landesebene so innig verbunden fühlt wie im europäischen Kontext dem des Bundestags, so lässt er dies jedenfalls im heute veröffentlichten Beschluss mit keiner Zeile erkennen.

 

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