Das deutsch-griechische Verhältnis ist zurzeit auch so schon angespannt genug. Der Republik Griechenland einen deutschen Gerichtsvollzieher ins Haus zu schicken, um einem Griechen in einem Steuerstreit zu seinem Geld zu verhelfen, dürfte da vielleicht diplomatisch gesehen keine besonders gute Idee sein. Aber auch rechtlich spricht genügend dagegen, um das Bundesverfassungsgericht dazu zu bringen, diesen Vorgang einstweilen zu stoppen – so ein heute veröffentlichter Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats. Es geht dabei um einen Streit zwischen einem Lehrer an einer griechischen Privatschule in München und der Republik Griechenland. Diese hatte seit 2002 5% des Gehalts des Lehrers (eines Griechen) aus steuerrechtlichen Gründen einbehalten. Das sah der (in Deutschland steuerpflichtige) Mann nicht ein und klagte beim Arbeitsgericht. Als zum Gütetermin kein Vertreter des griechischen Staats erschien, erließ das Gericht ein Versäumnisurteil samt Vollstreckungsklausel. Das LAG München kassierte diese Entscheidung wieder: Immerhin gibt es den Grundsatz der Staatenimmunität, wonach nicht der eine Staat über den anderen zu Gericht sitzen darf. Wie Griechenland seine Steuern eintreibt, geht keinen deutschen Zivilrichter etwas an. Geht es doch, fand indessen das Bundesarbeitsgericht. Hier streite ein Lehrer mit seinem Arbeitgeber um seinen Lohn. Das sei keine Frage von Hoheitsgewalt, daher spiele Staatenimmunität keine Rolle. Dagegen zog nun Griechenland vors Bundesverfassungsgericht (auch eine kuriose Konstellation eigentlich) und berief sich auf sein Recht auf einen gesetzlichen Richter: Wenn der BAG-Senat schon zu einer solchen völkerrechtlichen Meinung kommen wolle, hätte es doch vorher den Fall dem Großen Senat bzw. nach Art. 100 II GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen müssen. Das hat der BVerfG-Kammer insoweit eingeleuchtet, als es für eine einstweilige Anordnung nötig ist. Bei der Interessenabwägung gab dabei den Ausschlag, dass Deutschland außenpolitisch in die größten Schwierigkeiten kommen könnte, wenn eine völkerrechtswidrige Zwangsvollstreckung zugelassen würde. Ob dabei der spezielle Hintergrund des deutsch-griechischen Verhältnisses – zu dem ja auch der Fall Distomo gehört – eine Rolle gespielt hat, ist den knappen Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen. Merkwürdig finde ich, dass der Beschluss vom Oktober 2013 datiert, aber jetzt erst veröffentlicht wird. Warum diese Verzögerung?
14. Januar 2014
Maximilian Steinbeis