16. Oktober 2012

Maximilian Steinbeis

Keine Freizügigkeit für Staatsoberhäupter

László Sólyom ist ein Bürger der Europäischen Union und hat als solcher das Recht, aus seinem Heimatland Ungarn in die Slowakei zu reisen, wann immer er das möchte. Er muss nur seinen Ausweis vorlegen, dann müssen die Slowaken ihn reinlassen. Das befiehlt ihnen Art. 21 AEUV.

Nun war Herr Sólyom 2009 nicht nur Unionsbürger, sondern auch noch Präsident der (damals noch so genannten) Republik Ungarn. Staatsoberhaupt also. Und Staatsoberhäupter muss man mitnichten einreisen lassen: Denn für sie gelten besondere völkerrechtliche Regeln, etwa der Diplomatenstatus.

Eine derartige Besonderheit ist geeignet, die Person, die diesen Status genießt, von allen anderen Unionsbürgern abzugrenzen, so dass die Einreise dieser Person in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nicht denselben Voraussetzungen unterliegt, die für die anderen Bürger gelten.

So der Europäische Gerichtshof (EuGH) heute in einer Entscheidung, die in mehr als einer Hinsicht das Attribut kurios verdient: Nicht nur ist der Sachverhalt von ausgesuchter Bizarrheit. Obendrein handelt es sich um einen der ganz seltenen Fälle, wo ein EU-Mitgliedsstaat gegen einen anderen ein Vertragsverletzungsverfahren angestrengt hat. Das ist erst das sechste Mal, dass so etwas überhaupt vorkommt, das vierte Mal, dass es dazu ein Urteil gibt, und wohl das erste Mal, dass es sich um einen richtigen, handfesten diplomatischen Eklat handelt.

Das hat seine speziell ungarischen Gründe. Hintergrund des Falls ist, dass Sólyoms slowakisches Reiseziel, die Stadt Komáro, aus Sicht der ungarischen Nationalkonservativen ein Teil der unerlösten ungarischen Muttererde ist, weil sie vor fast 100 Jahren mal zu Ungarn gehörte und viele ethnische Magyaren dort leben. Die slowakische Regierung witterte hinter der Reise großungarische Ambitionen und senkte deshalb vor Sólyom den Schlagbaum.

Anders als die Schlussanträge von Generalanwalt Yves Bot enthält das Urteil keine Zeile zu dem Problem, dass es doch unter EU-Mitgliedsstaaten eigentlich nicht sein kann, sich mit diplomatischen Unfreundlichkeiten dieser Art zu beharken. Die Slowakei bekommt Recht, Ungarn nicht, und punktum.

Foto: Stéphane Martin, Flickr Creative Commons

László Sólyom ist ein Bürger der Europäischen Union und hat als solcher das Recht, aus seinem Heimatland Ungarn in die Slowakei zu reisen, wann immer er das möchte. Er muss nur seinen Ausweis vorlegen, dann müssen die Slowaken ihn reinlassen. Das befiehlt ihnen Art. 21 AEUV.

Nun war Herr Sólyom 2009 nicht nur Unionsbürger, sondern auch noch Präsident der (damals noch so genannten) Republik Ungarn. Staatsoberhaupt also. Und Staatsoberhäupter muss man mitnichten einreisen lassen: Denn für sie gelten besondere völkerrechtliche Regeln, etwa der Diplomatenstatus.

Eine derartige Besonderheit ist geeignet, die Person, die diesen Status genießt, von allen anderen Unionsbürgern abzugrenzen, so dass die Einreise dieser Person in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nicht denselben Voraussetzungen unterliegt, die für die anderen Bürger gelten.

So der Europäische Gerichtshof (EuGH) heute in einer Entscheidung, die in mehr als einer Hinsicht das Attribut kurios verdient: Nicht nur ist der Sachverhalt von ausgesuchter Bizarrheit. Obendrein handelt es sich um einen der ganz seltenen Fälle, wo ein EU-Mitgliedsstaat gegen einen anderen ein Vertragsverletzungsverfahren angestrengt hat. Das ist erst das sechste Mal, dass so etwas überhaupt vorkommt, das vierte Mal, dass es dazu ein Urteil gibt, und wohl das erste Mal, dass es sich um einen richtigen, handfesten diplomatischen Eklat handelt.

Das hat seine speziell ungarischen Gründe. Hintergrund des Falls ist, dass Sólyoms slowakisches Reiseziel, die Stadt Komáro, aus Sicht der ungarischen Nationalkonservativen ein Teil der unerlösten ungarischen Muttererde ist, weil sie vor fast 100 Jahren mal zu Ungarn gehörte und viele ethnische Magyaren dort leben. Die slowakische Regierung witterte hinter der Reise großungarische Ambitionen und senkte deshalb vor Sólyom den Schlagbaum.

Anders als die Schlussanträge von Generalanwalt Yves Bot enthält das Urteil keine Zeile zu dem Problem, dass es doch unter EU-Mitgliedsstaaten eigentlich nicht sein kann, sich mit diplomatischen Unfreundlichkeiten dieser Art zu beharken. Die Slowakei bekommt Recht, Ungarn nicht, und punktum.

Foto: Stéphane Martin, Flickr Creative Commons

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