Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden, ist in der sächsischen AfD aktiv. Er dient der Partei als Mitglied des Landesschiedsgerichts. Heute hat er in Ausübung seines Richteramts auf Antrag der NPD einem kritischen Wissenschaftler einen Knebel umgebunden. Steffen Kailitz, habilitierter Politikwissenschaftler am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung in Dresden, darf bei Androhung von bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld oder sechs Monaten Ordnungshaft nicht mehr öffentlich behaupten, die NPD plane „rassistische Staatsverbrechen“ und wolle „acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben, darunter mehrere Millionen deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund“.
Steffen Kailitz, das muss man dabei wissen, ist einer der vom Bundesverfassungsgericht geladenen Sachverständigen im NPD-Verbotsverfahren.
Er hat, das muss man ebenfalls wissen, von Richter Maier keine Gelegenheit bekommen, sich zu äußern, da dieser fand, die Sache sei so dringlich, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden werden müsse. Dafür muss er jetzt erst mal die Kosten des Verfahrens tragen. Den Streitwert hat Richter Maier auf 10.000 Euro festgesetzt.
Kailitz hat schließlich, das sollte man ebenfalls wissen, die inkriminierte Äußerung in einem Artikel auf ZEIT Online getan. Der Artikel ist (Di, 23:05) noch verfügbar.
Und was die Äußerung selbst betrifft, so sollte man schließlich auch noch wissen, dass die NPD laut Programm eine „gesetzliche Rückführung der derzeit hier lebenden Ausländer“ fordert und den Begriff „Ausländer“ ethnisch definiert anstatt nach Staatsangehörigkeit. Das ist die Faktengrundlage für das, was Wissenschaftler Kailitz als geplantes „Staatsverbrechen“ und „Vertreibung“ anprangert. Der Dresdener Richter Maier wertet diese Worte offenbar als falsche Tatsachenbehauptung.
NPD-Anwalt Peter Richter hat in den letzten Monaten viel unternommen, um sich einen Ruf als listenreicher Nutzer des Rechtsstaats für die Zwecke seiner anti-rechtsstaatlichen Partei zu mehren. In Karlsruhe war er damit bisher nicht sonderlich erfolgreich. In Dresden tut er sich offenbar leichter.