So, jetzt habe ich mir den Antrag der NPD mal genauer angesehen. Da steckt nicht viel dahinter, soweit ich sehe.
Der Witz an dem Antrag ist, dass Art. 21 II GG nach h.L. auch eine Schutzwirkung für Parteien entfaltet: Solange das Bundesverfassungsgericht nicht festgestellt hat, dass eine Partei verfassungswidrig ist, muss man sie behandeln, als sei sie verfassungsmäßig.
Aber daraus folgt im Fall der NPD nicht viel. Was ihre Juristen da in dem Antrag aufzählen, sind Meinungsäußerungen von Politikern mit und ohne Regierungsverantwortung, die die NPD für verfassungswidrig halten und das auch sagen. Das soll ein „faktisches Parteiverbot“ sein, wie die NPD jammert? Es gibt kein Recht einer Partei, von solchen Meinungsäußerungen verschont zu bleiben – das ist schon eine Frage der Logik. Denn wenn eine Regierung nicht meinen bzw. sagen darf, dass sie eine nicht verbotene Partei für verfassungswidrig hält, dann dürfte sie auch kein Verbot einer nicht verbotenen Partei vorbereiten, zur Diskussion stellen und in Karlsruhe beantragen. Dass das vom Grundgesetz nicht gewollt sein kann, liegt auf der Hand.
Die NPD orakelt, dass dahinter Taktik steckt: Die Regierungen redeten immer nur vom Verbot, aber beantragten nie eines. Da ist womöglich sogar was dran. Aber einen verfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch hat die NPD deshalb noch lange nicht. Was sie zu den Auswirkungen dieser Äußerungen vorträgt, ist völlig substanzfrei, bleibt bloße Behauptung.
Und selbst wenn: Dass Art. 21 II GG verbietet, nicht verbotene Parteien von Wahlen oder von der Parteienfinanzierung auszuschließen, heißt noch lange nicht, dass man nicht über sie reden, ihre Ziele und Methoden verfassungswidrig nennen und die Öffentlichkeit davor warnen darf. Und das muss auch für Reden und Interviewäußerungen von Regierungspolitikern gelten. Diese Schutzpflicht als Maulkorb auszulegen, als Knebel für eine streitbare Auseinandersetzung mit den Zielen und Werten anderer Parteien und ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz – das ist eine völlig wahnwitzige Vorstellung. Selbst wenn das, was die NPD da albernerweise als „faktisches Parteiverbot“ bezeichnet, Taktik wäre, es wäre eine vollkommen verfassungsmäßige Taktik.
Vor allem aber hängt dieser Antrag prozessual völlig in der Luft. Es gibt für ihn überhaupt keine verfahrensrechtliche Grundlage. Er ist als Feststellungsantrag „im Parteiverbotsverfahren“ tituliert, aber ein solches gibt es bekanntlich überhaupt nicht, weil niemand, der es könnte, es in Gang gesetzt hat. Das BVerfG wird aufgefordert, diese fehlende Verfahrensgrundlage in freier Rechtsfindung selber zu erfinden bzw. das Unterlassen des Gesetzgebers, sie zu schaffen, als Verfassungsverstoß zu brandmarken.
Das ist alles völlig hanebüchen und lohnt eigentlich die weitere Beschäftigung damit nicht. Die NPD wird sich einen äußerst knappen Nichtannahmebeschluss einfangen, und damit hat sich die Sache. Nuff said.