19. Februar 2010

Maximilian Steinbeis

Papier-Nachfolge: Was, wenn Schnarri selber nach Karlsruhe geht?

Keiner weiß was.

Am 1. März endet die Amtszeit des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier. Wer sein Nachfolger wird? Es gibt nicht einmal Gerüchte.

Die FDP ist diesmal am Zug, den Posten zu besetzen. Gut, die haben derzeit andere Sorgen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die die Personalie einfach zurückgestellt haben, nach dem Motto: Nervt nicht, wir kümmern uns, wenn wir Zeit haben.

Andererseits hat das auch Tradition, dass die FDP mit Karlsruhe-Personalien eigentümlich nonchalant umgeht: Dieter Hömig, der letzte von der FDP-nominierte Richter, kam in Amt und Würden, weil er ein Kumpel des damaligen FDP-Chef Klaus Kinkel aus gemeinsamen Tennisclub-Tagen war.

Juristinnen

Das passt zu der Vermutung, die ich irgendwo gelesen habe, dass die FDP die Ehefrau ihres schleswig-holsteinischen Fraktionschefs Wolfgang Kubicki nominieren könnte, weil die auch Juristin sei.

Aber das ist alles Unfug. Das trifft vielleicht auch auf folgende Spekulation zu, die trotzdem nicht aufhört, mir im Kopf herumzugehen:

Schnarri herself. Die Bundesjustizministerin.

Das würde erklären, warum die bei der FDP so absolut dicht halten. Und Vizepräsidentin und Vorsitzende des Ersten Senats ist kein so schlechter Job, dass sich der Gedanke, ihn gegen den Kabinettsposten zu tauschen, sich nicht lohnen würde. Die vom Ersten Senat in den letzten Jahren begründete Tradition fortzuführen, Sicherheitsgesetze der Bundesregierung über den Haufen zu kegeln, müsste Frau L-S doch reizen. Mehr womöglich, als die besagten Gesetze zu schreiben. Und schließlich: Zwölf Jahre ist eine lange Zeit. Viel, viel länger als so eine schwarz-gelbe Legislaturperiode…

Vielleicht komme ich auch deshalb auf den Gedanken, weil in der Washington Post Jeff Rosen darüber spekuliert, ob Obama sich nicht vielleicht selber für den nächsten freien Supreme-Court-Posten nominieren sollte. Muss er nicht mehr führen und kann weiter tun, was er am besten kann, nämlich kluge schöne Texte schreiben und das nitty-gritty der täglichen Politik anderen überlassen. Schöner Gedanke: Da wird ein Staatsrechtsprof mal Präsident, und dann landet er am Ende doch wieder auf der Verfassungsrichterbank.

Der Ausschuss tagt

Na, egal. Jetzt meldet Tagesschau.de, dass Wolfgang Neskovic von der Linkspartei, momentan formell Chef der Wahlkommission, für Donnerstag die Wahl des Richters auf die Tagesordnung gesetzt hat.

Aber dass das die Entscheidung beschleunigt, glaubt wohl auch Neskovic nicht. Wenn es keinen Kandidaten gibt, kann man auch keinen wählen. Nimmt man halt den Punkt wieder runter von der Tagesordnung. Muss Herr Papier halt noch ein Weilchen länger Richter bleiben.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich in punkto Richterwahl vehement für öffentliche Anhörungen nach US-Vorbild wäre? Dass ich keine Sekunde glaube, dass sich gute Kandidaten dann plötzlich für den Job in Karlsruhe nicht mehr interessieren würden? Dass ich das für eine durchsichtige Schutzbehauptung derjenigen halte, die von der bisherigen Praxis profitieren, die Spitzen von CDU und SPD nämlich sowie die Zunft der Staatsrechtsprofessoren und Bundesrichter, eine Schutzbehauptung, die dadurch nicht glaubwürdiger wird, dass es Kollegen gibt, die sie tatsächlich glauben?

Hatte ich? Egal, dann sag ich’s nochmal.

Update: Ich habe nur spekuliert, Kollege Müller von der FAZ dagegen hat recherchiert, und siehe: Offenbar will die FDP sich am Dienstag entscheiden, und zwar zwischen zwei namentlich nicht genannten Kandidaten, einem „jüngeren Staats- und Völkerrechtler“ und einem „älteren, erfahrenen Rechtsanwalt“. Könnte man jetzt auch feste zu spekulieren anfangen, wer da wohl gemeint sein könnte, aber das lasse ich jetzt besser mal. Jedenfalls nix mit L-S, wenn das zutrifft.

Der Artikel ist, soweit ich sehe, nicht online.

Schreibe einen Kommentar