Prügelnde Ehemänner sind eine furchtbare Sache. Sie wird noch furchtbarer, dass sie häufig auf besonders wehrlose Opfer treffen: Viele Frauen, die von ihrem Partner misshandelt werden, kommen trotzdem nicht los von ihm. Sie verteidigen ihn, sie kehren zu ihm zurück, immer wieder.
In Spanien ist die Entschlossenheit, der häuslichen Gewalt mit aller Härte des Gesetzes entgegenzutreten, offenbar besonders groß: Dort gibt es seit 2005 ein Gesetz, das vorsieht, dass die Gerichte jedem, der wegen häuslicher Gewalt verurteilt wird, ein Verbot auferlegen müssen, sich ihrem Opfer zu nähern, mindestens für sechs Monate – und zwar ganz egal, wie schwerwiegend die Tat war. Und vor allem: ganz egal, ob das Opfer das will oder nicht. Es muss noch nicht einmal dazu angehört werden.
Letztes Jahr hatte das Gesetz den spanischen Verfassungsgerichtshof beschäftigt, und der hatte kein Problem mit der Verhältnismäßigkeit feststellen können.
Dieses Gesetz beschäftigt jetzt den EuGH, und Generalanwältin Juliane Kokott hat heute Schlussanträge dazu veröffentlicht: Ein spanisches Gericht wollte wissen, ob dieses Gesetz mit dem EU-Rahmenbeschluss zur Stellung des Opfers im Strafverfahren vereinbar ist. Dieser verpflichtet die Mitgliedsstaaten, dem Opfer von Straftaten im Prozess Gehör zu verschaffen
Es geht um zwei Fälle, wo die Frauen mit ihren gewalttätigen Männern wieder zusammenzogen, offenbar freiwillig und ohne Not und auf eigenen Wunsch. Die beiden Männer machten sich dadurch erneut strafbar.
Mit den Mitteln des Strafrechts
Nach Ansicht von Frau Kokott ist das aber kein Fall für das Europarecht: Der Rahmenbeschluss betreffe nur das Strafverfahren, nicht das materielle Strafrecht. Allerdings müsse sichergestellt sein, dass das Opfer im Prozess seinen Standpunkt äußern und gegebenenfalls dem Gericht klar machen kann, dass es nicht vor der Annäherung des Täters geschützt werden möchte.
Vom EGMR gibt es, soweit ich weiß, zu dem Thema noch nichts. Art. 8 I EMRK, Achtung des Familienlebens, dürfte da schon mal auf jeden Fall berührt sein. Es würde mich nicht wundern, wenn von Straßburg da noch was kommt. Und ich würde das auch für richtig halten.
Ich unterschätze nicht die Größe des Problems der häuslichen Gewalt, und auch nicht die Häufigkeit von scheußlichen Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Täter und Opfer, die oft genug dazu führen, dass die Gewalt immer weitergeht oder sogar eskaliert.
Aber man kann erwachsene Menschen nur begrenzt vor sich selber schützen. Eine solche Beziehung, und sei sie noch so pervers, mit den Mitteln des Strafrechts auseinanderzuzwingen, das geht mit meinem Freiheitsverständnis nicht zusammen.
Foto: Rachel Carter, Flickr Creative Commons
