Articles for tag: AnwendungsvorrangEuGHEuroparechtprimacy

Einheitliche Auslegung und Vorrang des Unionsrechts im Dialog der Gerichte

Die Frage nach einheitlicher Auslegung und Vorrang des Unionsrechts wirft eine Grundsatzfrage nach der Zuordnung und der Verteilung justizieller Macht im Rahmen der europäischen Integrationsgemeinschaft auf. Aus Sicht der unionsrechtlichen Praxis erscheint die nun mit neuer Vehemenz einsetzende Diskussion jedoch aus der Zeit gefallen. Es bedarf eines gewandelten Verständnisses der überkommenen Staatlichkeit um angemessen auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren.

Towards a European Court of Fundamental Rights

With its judgments on bulk data retention issued at the beginning of this month, the European Court of Justice has entitled itself to examine virtually all surveillance measures in the digital sphere. In doing so, it has once more clarified its positioning as the decisive Fundamental Rights Court in Europe. In the midst of the ultra vires-storm caused by the PSPP-judgement of the Bundesverfassungsgericht – and questions arising with regard to German Legal Hegemony in Europe – a true shift of power to the ECJ can be spotted which is, surprisingly, supported by the national constitutional courts.

Polexit – Quo vadis, Polonia?

Unkenntnis und Unwille sind in Polen heute an der Tagesordnung: Unkenntnis darüber, wie das europäische Recht und die europäischen Institutionen funktionieren und Unwille, sich an die freiwillig eingegangenen europäischen Verpflichtungen zu halten. Wir sind Zeugen, wie in Polen die Grundprinzipien der EU untergraben werden. Wenn aber das Rechtssystem der EU in Polen nicht mehr wirksam ist, ist das: der Polexit. Die bedenkenlose Säuberung des Obersten Gerichts, schließlich die Aushebelung der Vorabentscheidung, die Einschüchterung der Richter durch Disziplinarverfahren, das alles ist leider bereits der Polexit. Richtig verstanden bedeutet der Polexit allerdings sehr viel mehr als die Nichtanerkennung des europäischen Rechts und die Angriffe auf die Gerichte.

Freiheit oder Gleichheit? Kopftuchverbote im Spannungsfeld von Unionsrecht und Grundgesetz

Am 30. Januar hat das Bundesarbeitsgericht dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung betreffend ein Kopftuchverbot vorgelegt. Hintergrund dieser und einer weiteren Vorlage ist eine mögliche Kollision der jüngsten deutschen und europäischen Rechtsprechung zu Kopftuchverboten, bei der das vergleichsweise hohe deutsche Schutzniveau zugunsten von Kopftuchträgerinnen auf dem Spiel steht.

Belittling the Primacy of EU Law in Taricco II

The Taricco II judgement handed down by the CJEU on 5 December 2017 is a telling and worrying example of a weakly reasoned court decision and the high price at which such weakness comes. It is a judgement that disregards legally problematic questions, seemingly subordinating argumentative consistency to the constraints of legal policy in a climate increasingly critical towards EU law and institutions. The (potential) collateral damage of this approach is considerable.

Nachdenken über van Gend en Loos: Reflexionstag beim EuGH

Wer eine Rechtsgemeinschaft gründen will, muss dafür Juristen gewinnen. Niemand wusste das besser als Michel Gaudet, von 1958 bis 1970 Generaldirektor des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission und einer der Architekten jener supranationalen Integration, die durch Recht begründet und vorangetrieben wurde. Gaudet setzte alles daran, so viele Juristen wie möglich für das Europarecht und seine Institutionen zu gewinnen. Die zunächst von vielen als esoterisch empfundene Materie sollte zum selbstverständlichen Bestandteil des professionellen Diskurses werden. Gaudet bereiste Universitäten und Gerichte, holte interessierte Rechtswissenschaftler in die Hinterzimmer des Juristischen Dienstes und stellte „seed money“ zur Gründung wissenschaftlicher Vereinigungen und Fachzeitschriften bereit. Dazu ... continue reading

EuGH diszipliniert Karlsruher Ersatz-Gesetzgeber

Das Bundesverfassungsgericht kann ja gerne Übergangsfristen einräumen, wenn es findet, dass ein verfassungswidriger Zustand aus irgendwelchen übergeordneten Gründen noch eine Weile fortbestehen soll. Aber wenn dieser Zustand auch noch europarechtswidrig ist, dann muss er aufhören. Sofort. Nicht irgendwann später. Das ist die Ansage des heutigen Urteils des Europäischen Gerichtshofs zum Glücksspielmonopol. Sie richtet sich zum einen an die Länder, die ihr Monopol weiter mit Zähnen und Klauen gegen private Wettbewerber verteidigen. Sie richtet sich zum anderen an das Bundesverfassungsgericht: Eure Sitten, rechtswidrige Regelungen aus Nützlichkeitserwägungen heraus übergangsweise am Leben zu lassen, so lautet die Botschaft, teilen wir nicht. Das Bundesverfassungsgericht ... continue reading

Glücksspielmonopol: Karlsruhe droht neuer Ärger aus Luxemburg

Dem Bundesverfassungsgericht steht erneut ein sehr unangenehmes Urteil des Europäischen Gerichtshofs ins Haus. Diesmal geht es um die Karlsruher Praxis, verfassungswidrige Gesetze mit einem Übergangszeitraum zu versehen. Also für eine gewisse Zeit fortgelten zu lassen, damit der Gesetzgeber Zeit hat, den Fehler zu korrigieren. Verfassungs- und europarechtswidrige Heuchelei Das tut das BVerfG regelmäßig, so auch in seinem Urteil zum Glücksspielmonopol vom 28. März 2006: Dort hat der Erste Senat in wünschenswerter Klarheit festgestellt, dass es nicht sein kann, privaten Unternehmen das lukrative Geschäft mit Glücksspielen unter Strafandrohung zu verbieten, angeblich um die armen Spielsüchtigen vor der Raffgier der Wettveranstalter zu ... continue reading