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Keine Wahl

In Deutschland leben schätzungsweise 13 Millionen Menschen mit Behinderungen. Viele von ihnen werden ihre Stimme am 23. Februar weder in allgemeiner noch in geheimer Wahl abgeben können. Denn eine erhebliche Zahl von Wahllokalen ist nicht barrierefrei. Dafür hat der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung Deutschland 2023 gerügt und empfohlen, „die Barrierefreiheit von Wahlunterlagen und Wahllokalen bundesländerübergreifend, insbesondere in ländlichen Gebieten, und bei der Entwicklung elektronischer Wahlsysteme sicherzustellen.“ Das ist noch immer nicht flächendeckend passiert.

Für ein diskriminierungsfreies neues Abtreibungsrecht

Die Diskussion um ein neues Abtreibungsrecht hat durch einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf neue Dynamik gewonnen. Eine kontroverse Frage beantwortet der Entwurf allerdings nicht final: Ist es zulässig, einen gesonderten Erlaubnistatbestand für sogenannte embryopathische Abtreibungen aufzunehmen, also die Abtreibungsmöglichkeiten zu erweitern, wenn bei dem Fötus/Embryo eine potenzielle Behinderung festgestellt wird? Dieser Beitrag argumentiert, dass jedenfalls die Aufnahme einer eigenständigen embryopathischen Indikation mit völker- und verfassungsrechtlichen Wertungen unvereinbar ist.

Höchst normal gefährlich

Im politischen Alltagsgeschäft gibt sich die AfD mit Blick auf Menschen mit Behinderungen als sozial. Sie vergibt sogar punktuell sozialpolitisch irrelevante Wohltaten an einzelne Gruppen von(nicht-migrantischen) Menschen mit Behinderungen. Doch dieser symbolpolitische Ansatz ist kein Grund zur Beruhigung. Er lässt sich reibungslos mit dem Projekt der AfD vereinbaren, diskriminierungsfreie Beschulung weitgehend zu blockieren und als Irrweg zu denunzieren. Das strategische Ziel: eine Absage an eine menschenrechtlich geprägte, auf Gleichheit setzende Politik für alle unerwünschten, als Belastung empfundenen und erklärten Gruppen.

Ein Zeugnis mit bitterer Note

Mit Urteil vom 22.11.2023 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Vermerke im Abiturzeugnis darüber, dass die Rechtschreibleistungen von Schüler*innen aufgrund einer Legasthenie nicht bewertet wurden, sind weitestgehend zulässig. Die Entscheidung enthält eine Vielzahl beachtenswerter Aussagen über den Begriff der Behinderung, die Bedeutung der Schulbildung im Allgemeinen und der Rechtschreibung im Besonderen und Zeugnistransparenz als Mittel zur Durchsetzung von Chancengleichheit, die nicht alle im Folgenden vollständig beleuchtet werden können. Ich möchte aber aufzeigen, wo der vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Maßstab für die „Zeugniswahrheit“ dem Interesse, Ungleichheiten auszugleichen, zuwider läuft.

Die Corona-Triage und das Verbot der Diskriminierung wegen der Behinderung als Schutzpflicht

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Art. 3 III 2 GG gesetzliche Vorkehrungen zum Schutz behinderter Menschen vor Diskriminierung bei einer Corona-Triage verlangt. Vor allem stellt die Entscheidung klar, dass Art. 3 III 2 GG, wie alle Grundrechte, auch objektive Wertentscheidung und Schutzauftrag ist – ein Schutzauftrag, der sich zu einer gesetzgeberischen Schutzpflicht verdichten kann.

Problem erkannt, Problem gebannt?

Der Gesetzgeber soll das Unregelbare regeln. Jedenfalls partiell. Mit seiner Triage-Entscheidung hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts der Legislative aufgegeben, Vorkehrungen zum Schutz vor Benachteiligungen Behinderter im Rahmen überlastungsbedingter intensivmedizinischer Behandlungstriagierungen zu treffen.