Articles for tag: PolitikPolitikverdrossenheitRichterwahlVerfassungsgericht

Verfassungsrichterposten als Celebrity-Ehrung

Ich liebe Andreas Dresen. Es gibt wenige, die bessere Filme machen, und zwar nicht zuletzt auch darüber, wie die Demokratie in diesem Land funktioniert. Ich habe durchaus auch Sympathie dafür, wenn Außenseiter und Nicht-Profis sich um politische Ämter bewerben: Jón Gnarr, Kabarettist und Punkrocker, ist nicht nur ein toller Typ, sondern auch ein außerordentlich erfolgreicher Bürgermeister von Reykjavik geworden. Aber dass der brandenburgische Landtag Andreas Dresen zum Verfassungsrichter wählen will, und zwar mit den Stimmen aller Fraktionen, das halte ich doch bei allem Respekt für eine totale Schnapsidee. Verfassungsgerichte haben zwar politische Macht, das liegt auf der Hand. Aber was ... continue reading

How to Evade the Constitution: The Hungarian Constitutional Court’s Decision on Judicial Retirement Age, Part II

Part Two: “The System Remains” (Continued from Part 1: The Decision) On the question of remedies offered by the Court decision itself, the Constitutional Court engaged in what I’ve called elsewhere “new judicial deference.” In practicing new judicial deference, a court makes a brave decision on the law but then fails to give the claimant any meaningful relief.  The claimant wins big on principle.  But if you are actually the claimant who brought the case seeking some change in your situation, you discover that you got only words.  In the judicial retirement age case, the Court did not have the ... continue reading

How to Evade the Constitution: The Hungarian Constitutional Court’s Decision on Judicial Retirement Age, Part I

By KIM LANE SCHEPPELE Part One: The Decision On Monday 16 July, the Hungarian Constitutional Court handed down its biggest decision of the year.   It held that the sudden lowering of the retirement age for judges is unconstitutional because it gave the judges no time to prepare for the change and because it created an unclear framework in which different judges were set to retire at different ages.   (Decision 33/2012. (VII. 17.) AB határozat.) The decision appears to be a major defeat for the government, delivered by a Constitutional Court that Prime Minister Viktor Orbán had packed with new judges.  ... continue reading

Ungarn: Orbán verdoppelt seinen Einsatz

Viktor Orbáns Versuch, seine Macht konstitutionell abzusichern, geht weiter: Das Verfassungsgericht und das Wahlrecht sind die jüngsten Angriffsziele, und in beiden Punkten gibt es Beunruhigendes zu berichten. Ich beziehe meine Informationen aus einem E-Mail-Wechsel landeskundiger Politologen und Juristen, allen voran Kim Lane Scheppele aus Princeton und Andrew Arato von der New School in New York. Leichenschändung an der alten Verfassung Zunächst zum Verfassungsgericht: Der Plan, das Gericht zu vergrößern und die neuen Posten mit Gefolgsleuten zu besetzen, ist mittlerweile umgesetzt. Dabei hatte es Orbán offenbar besonders eilig: Weil die neue Verfassung, die die Vergrößerung des Gerichts vorsieht, erst zum Jahreswechsel ... continue reading

Das Würgen der Briten an der Menschenrechtskonvention

Dass die Briten ihre Schwierigkeiten mit der Europäischen Menschenrechtskonvention haben, ist seit langem bekannt: Immer noch würgt das britische Parlament an der Kröte, die ihr der EGMR im Fall Hirst zu schlucken gegeben hat – jenem in UK heftigst umstrittenen Urteil, wonach die britischen Strafgefangenen nicht pauschal von der demokratischen Teilhabe ausgeschlossen werden dürfen. Großbritannien hat keine Verfassung und kein Verfassungsgericht. Sein Parlament ist souverän, und was es an Recht beschließt, ist keinem höherrangigen Recht mehr unterworfen. Zwar gibt es seit einigen Jahren den Human Rights Act, der die EMRK in britisches Recht transformiert. Aber wenn ein Gericht zu dem ... continue reading

Ungarn bekommt ein vernichtendes Zeugnis vom Europarat

Jetzt ist es offiziell: Die künftige ungarische Verfassung genügt nicht den Maßstäben, die man in Europa an demokratische und rechtsstaatliche Verfassungen anlegt. Die Venice Commission, die über die verfassungspolitische Entwicklung der Mitgliedsstaaten des Europarates wacht, hat heute ihre Entscheidung über die Causa Ungarn veröffentlicht. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Viktor Orbán hat keinen Grund zur Zufriedenheit. Und alle anderen in Europa schon sowieso nicht. Im März hatte die ungarische Regierung versucht, der Venice Commission ein Bein zu stellen: Noch bevor es überhaupt einen Entwurf der neuen Verfassung gab, legte sie ihr drei (eher randständige) Fragen vor. Die bekam sie auch beanwortet, ... continue reading

Ungarn: Ein neuer Streich gegen das Verfassungsgericht

Orbán Viktor hat sich wieder etwas Schlaues ausgedacht. Es geht um das Verfassungsgericht, bzw. dessen Präsidenten Péter Paczolay, einen eindrucksvollen Mann und hoch angesehenen Juristen, dem nur leider der Makel anhaftet, einen eigenen, mit einem wunderbaren weißen Schnauzbart geschmückten und höchst funktionstüchtigen Kopf auf seinen Schultern zu tragen. Orbán hat bereits eine Menge dafür getan, das Problem Verfassungsgericht als potenziellen Hort der Widerborstigkeit aus der Welt zu schaffen. Künftig gibt es fünfzehn statt elf Richter, und wer neu hinzukommt, wird vom Parlament mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Das verschafft Orbán und seiner Zweidrittelmehrheit die Möglichkeit, eine entsprechende Zahl von Richtern seiner Wahl ... continue reading

Ist es eine gute Idee, Richter über die Gültigkeit von Gesetzen urteilen zu lassen?

Diese Frage bewegt in den USA so manchen, seit Obamas Gesundheitsreform in Kraft getreten ist: Die wird von den Republikanern der Verfassungswidrigkeit geziehen, weil sie angeblich die Rechte der Bundesstaaten mit Füßen tritt. Die dahinterstehende Argumentation hält zwar das etablierte Verfassungsrecht nahezu einhellig für hanebüchen, aber trotzdem finden sich Gerichte, die ihr folgen. Der erschreckende Befund dabei ist, so schreibt jedenfalls die angesehene Supreme-Court-Watcherin Dahlia Lithwick, dass vor Gericht die Verfassungsfrage offenbar durchläufig nach politischer Färbung der Richter entschieden wird: Alle Richter, die von republikanischen Präsidenten nominiert wurden, haben bislang die Reform für verfassungswidrig erklärt. Und sämtliche von Demokraten Nominierten ... continue reading

Warum Viktor Orbán nie wieder vor Wahlen Angst haben muss

Mittlerweile gibt es eine englische Übersetzung des ungarischen Verfassungsentwurfs, zu finden hier: Draft of Fundamental Law of 14 March 2011_RP. Das ist wichtig, weil die Orbán-Regierung darauf pocht, dass im Ausland niemand mitkriegt, was hier läuft. Weil niemand den ungarischen Text versteht. So lief das beim Mediengesetz ja anfangs auch. Das Bild klärt sich weiter, wird aber nicht schöner. Nach weiteren zwei Tagen in Budapest und vielen, vielen Gesprächen zeigt sich das Konstrukt Viktor Orbáns zur Zementierung seiner Kontrolle über das Land auf Jahrzehnte hinaus in seiner ganzen schillernden Pracht. Ihre Zweidrittelmehrheit werden Orbán und seine nationalkonservative Koalition 2014 womöglich ... continue reading