Articles for tag: DiskriminierungEGMRLithuaniaMeinungsfreiheitsexuelle Selbstbestimmung

Es war einmal in Straßburg

Ein Märchenbuch für Kinder, in dem gleichgeschlechtliche Beziehungen dargestellt werden, (vorübergehend) aus dem Verkehr zu ziehen und es anschließend als „schädlich für Kinder unter 14 Jahre“ zu kennzeichnen, verstößt gegen das in Art. 10 EMRK gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung. Dies hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in ihrer richtungsweisenden Entscheidung Macatė v. Lithuania festgestellt. Der Gerichtshof betonte außerdem, dass die gleiche und gegenseitige Anerkennung von Personen unterschiedlicher sexueller Orientierungen der gesamten Konvention inhärent ist.

Battling the hydra in EU anti-discrimination law

Can a company refuse to conclude or renew a contract with a self-employed person because he is gay? And may contractual freedom prevail over the prohibition of discrimination in such a situation? A short answer stemming from the recent ECJ judgment in J.K. v. TP would be a resounding no. Yet, a further analysis is in order because the judgment also brings a significant shift in the ECJ’s anti-discrimination case law.

Ohne Beweislastumkehr doch kein Knaller für Racial-Profiling Prozesse

Am Dienstag, den 18.10.2022 war es wieder einmal so weit: Deutschland wurde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt. Die Entscheidung Basu v. Deutschland stellte eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention fest. Es geht um Racial Profiling, die Bundespolizei, Sachsen – es sieht also nach einem Knaller aus. Der Gerichtshof schließt, dass der Vorwurf des Racial Profiling nicht ausreichend ermittelt wurde. Konkreter gesagt: dass schon keine Struktur existierte, die eine solche Ermittlung gegenüber der Bundespolizei überhaupt gewährleisten konnte.

Citizenship Imposition is the New Non-Discrimination Standard

Never before has the failure to naturalize been used by the Court against discriminated permanent residents, just as it would be unthinkable to greenlight the humiliation of Muslims by an Islamophobic government for failure to convert. The meaning of ‘discrimination’ in ECHR law has become less clear as a result of Savickis.

Tackling Discrimination in Targeted Advertising

On 21 June Meta and the US Department for Housing and Urban Development released a legal settlement that will restrict Meta’s ability to offer those clients some of its core ad-targeting products. It resolves (for now) a long-running case over discriminatory targeting of housing adverts. Meta is now prohibited from using certain targeting tools in this context, and has promised new tools to ensure more representative targeting. This US lawsuit should be a wake-up call for European regulators, reminding them that taking systemic discrimination seriously requires proactive regulatory reform and enforcement. The relevant provisions of the Digital Services Act (DSA) are largely symbolic.

Das Tinder-Profil einer Offizierin – eine Frage der Ehre?

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.05.2022, einen einfachen Disziplinarverweis gegen die transgeschlechtliche Generalstabsoffizierin Anastasia Biefang aufrechtzuerhalten, hat in den letzten Tagen zurecht einige Aufmerksamkeit erregt. Grundrechtsdogmatisch geht es hier um die Rechtfertigung eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Soldatin. Doch schon an der Frage, ob sich soldatische Pflichten etwa von den Beamtenpflichten kategorial unterscheiden, ob also Soldatin (und Soldat) eben kein Beruf wie jeder andere ist (oder sein soll), dürften sich die Geister scheiden. Wie die Antwort ausfällt, wird wohl genauso vom historisch-gesellschaftlichen Kontext abhängen wie die Reichweite der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht.

Dating-Tipps vom Bundesverwaltungsgericht

Bundeswehrsoldat*innen mit besonderen repräsentativen Funktionen müssen beim Online-Dating Zurückhaltung üben. Diese Entscheidung des 2. Wehrdienstsenats des BVerwG vom 25. Mai 2022 ist nicht nur deshalb kritikwürdig, weil sie das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung durch heteronormative Moralvorstellungen einschränkt. Ebenso problematisch ist, dass eine antidiskriminierungsrechtliche Betrachtung des Falls ausgeblieben ist.

Über die Grenzen des Rechts

Der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine hat in den vergangenen Tagen eine Welle der Empathie und Solidarität ausgelöst. Die Reaktionen haben aber auch deutlich gemacht, dass es Hierarchien darin gibt, wem solche Empathie und Solidarität entgegengebracht wird – und wem eher nicht. Diese Hierarchien sind Ausdruck von strukturellen und institutionellen Rassismen. Das Recht hat in diesem Zusammenhang eine ambivalente Rolle, indem es zugleich rassistische Strukturen (re)produziert und dazu einlädt, eben diese zu hinterfragen und zu überwinden.

Die Corona-Triage und das Verbot der Diskriminierung wegen der Behinderung als Schutzpflicht

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Art. 3 III 2 GG gesetzliche Vorkehrungen zum Schutz behinderter Menschen vor Diskriminierung bei einer Corona-Triage verlangt. Vor allem stellt die Entscheidung klar, dass Art. 3 III 2 GG, wie alle Grundrechte, auch objektive Wertentscheidung und Schutzauftrag ist – ein Schutzauftrag, der sich zu einer gesetzgeberischen Schutzpflicht verdichten kann.

Problem erkannt, Problem gebannt?

Der Gesetzgeber soll das Unregelbare regeln. Jedenfalls partiell. Mit seiner Triage-Entscheidung hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts der Legislative aufgegeben, Vorkehrungen zum Schutz vor Benachteiligungen Behinderter im Rahmen überlastungsbedingter intensivmedizinischer Behandlungstriagierungen zu treffen.