Articles for tag: EuGHEuroparechtJustizRichterwahlVölkerrecht

Peter M. Huber soll Nachfolger von Di Fabio werden

Im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts werden, was das Europarecht betrifft, die Karten in den nächsten Monaten neu gemischt. Laut Geschäftsverteilung ist Siegfried Broß für europarechtliche Fragen zuständig,  Udo Di Fabio kommt über das Völker- und das Parlamentsrecht ins Spiel. Letzterer gehört intellektuell so oder so zu den großen Schwergewichten des Senats – eine der vielen Dinge, die er mit Paul Kirchhof gemeinsam hat, dessen Sitz er übernommen hat. Broß und Di Fabio verstehen beide in Hinblick auf die EU nicht viel Spaß. Broß würde ich als handfesten Euroskeptiker bezeichnen, siehe sein Sondervotum beim EU-Haftbefehl. Di Fabio ist von anderem intellektuellem ... continue reading

EuGH-Generalanwältin: Schranken für urheberrechtliche Geräteabgabe

Speichermedien und Vervielfältigungsgeräte kosten in Deutschland ein paar Euro mehr, weil auf den Kaufpreis die Geräteabgabe draufgeschlagen wird: Sie geht an die Verwertungsgesellschaften (GEMA, VG Wort etc.) und wird an Rechteinhaber ausgeschüttet als Ausgleich dafür, dass mit bzw. auf diesen Geräten Privatkopien geschützter Werke angefertigt werden. In Spanien gibt es so etwas offenbar auch. Dagegen hat sich ein betroffener Hersteller von Speichermedien gewehrt, und das spanische Gericht hat die Sache dem EuGH vorgelegt. Jetzt hat Generalanwältin Verica Trstenjak ihre Schlussanträge veröffentlicht (C-467/08, Sociedad General de Autores y Editores (SGAE) vs PADAWAN), und die sind ziemlich interessant – nicht nur, weil ... continue reading

Europa in der Krise: Brauchen wir eine neue Verfassung?

Was da gestern Nacht im Ecofin beschlossen wurde, 500 Milliarden zur Stabilisierung des Euro bereit zu stellen, der EZB den Ankauf von Staatsanleihen zu ermöglichen und einen europäischen Haftungsverbund für die Staatsschulden der Mitgliedsstaaten zu begründen – was wird das für Folgen haben? Wo wird das hinführen? Ich weiß nur eins: Es wird in Deutschland und Europa verfassungspolitisch keinen Stein auf dem anderen lassen. Dieser Schritt wird eine enorme Dynamik auslösen. Es ist nur noch nicht klar, in welche Richtung. Zwei Szenarien Entweder wachen wir in ein paar Jahren in einem Europa auf, in dem so gut wie alle überregionale ... continue reading

Kein Bailout-Stop aus Karlsruhe

Jedenfalls keine einstweilige Anordnung: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat gestern Abend die fünf professoralen Euroskeptiker in ihrem Versuch, den Griechenland-Bailout per Eilantrag zu stoppen, abblitzen lassen. Vielleicht irre ich mich, aber mir scheint, dass der gestrige Beschluss nicht gerade von überschäumender Lust der Verfassungsrichter zeugt, diese Gelegenheit zum großen Ultra-Vires-Knall zu nutzen. Die Betonung, die auf die Einschätzungsprärogative der Bundesregierung gelegt wird, mitsamt Zitatverweis auf das Euro-Urteil – das scheint mir schon darauf hinzudeuten, dass sich der Senat hier um richterliche Zurückhaltung bemühen will. Möglicherweise kann der Senat die Verfassungsbeschwerde auch über eine formale Hürde stolpern lassen: Sie wurde ... continue reading

Vorratsdatenspeicherung: Was täten wir ohne die Iren

Der irische High Court will die Vorratsdatenspeicherung erneut vom EuGH überprüfen lassen. Diesmal unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit den Grundrechten. Die Iren wieder. Was täten wir ohne sie. Das Thema hat den EuGH schon einmal beschäftigt, weil schon die irische Regierung gegen die Vorratsdatenspeicherung geklagt hatte – allerdings gegen den Trick, die Richtlinie als Binnenmarkt-Maßnahme zu etikettieren. An dieser Stelle das Stemmeisen anzusetzen, dazu konnte sich der EuGH dann allerdings nicht entschließen. Um so besser, wenn er jetzt Gelegenheit bekommt, die grundrechtliche Überprüfung nachzuholen. Bleibt zu hoffen, dass die EU-Richter tatsächlich die Gelegenheit wahrnehmen und einen Weg suchen und ... continue reading

Verfassungs-Imbroglio in Frankreich

Frankreich hat vor kurzem eine gewaltige Verfassungsreform durchlaufen, deren spektakulärster Part die Einführung einer verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle ist. Zuvor gab es eine Überprüfung von Gesetzen am Maßstab der Verfassung nur während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens. Hatte das Parlament einmal abgestimmt, war das Gesetz durch keinen Richterspruch mehr umzustoßen. Das war, genauso wie in Großbritannien, nicht nur irgendein Verfassungsdetail, sondern kennzeichnend für die französische Verfassungskultur: Was das demokratisch gewählte Parlament sagt, ist der „volonté génerale“ des Volkes und hat von den Richtern umgesetzt, aber nicht an höheren Maßstäben kontrolliert zu werden. Um so revolutionärer ist, dass Art. 61-1 der französischen Verfassung nunmehr folgendes ... continue reading

Syndicus: Zugelassen ja, aber Anwalt noch lange nicht

Was ein Mandant seinem Anwalt erzählt, ist geheim. Ihr Gespräch ist vertraulich und muss es sein. Und darüber wachen die EMRK, die EU-Grundrechtecharta und das Grundgesetz. Was ein Vorstandschef seiner Sekretärin erzählt, ist nicht geheim. Jedenfalls nicht in der gleichen Weise. Und was ein Vorstandschef seinem Syndikus erzählt? Die Bedeutung der unternehmensinternen Rechtsabteilung wächst. Das hat mit der Entwicklung im europäischen Kartellrecht zu tun, die darauf setzt, rechtswidrige Unternehmensabsprachen gar nicht erst entstehen zu lassen. Damit von vornherein jeder weiß, was man darf und was nicht, installieren die Unternehmen Compliance-Programme. Die Funktion, diese Compliance-Programme zu erstellen und vor allem ihre ... continue reading

Wie man dafür sorgt, dass alle Welt sich über die Grundrechtecharta beömmelt

Hier noch ein Fund aus dem Ressort Heitere Verfassungsbegebenheiten: EU-Justizkommissarin Viviane Reding ist wütend auf die Europäische Grundrechteagentur wegen deren Ankündigung, die Grundrechtecharta als 80-minütiges Versepos umdichten zu lassen. Is this really how they should be spending their time? zitiert EU-Observer einen ihrer Mitarbeiter. Das ist aber doch auch eine sagenhaft bescheuerte Idee. Allerdings nicht die Einzige, die diese Behörde ausgebrütet hat. Da gab es offenbar einen „Videowettbewerb„. Jeder kann ein YouTube-Filmchen einsenden, wie super er Grundrechte findet. Und dann kriegt er einen Preis. Unter den solchermaßen gewürdigten Werken der Lichtbildkunst ist auch dieses Schmuckstück: Vor allem der Vers „Go, ... continue reading

Den Terror aushungern

Ehefrauen von Terrorverdächtigen dürfen keine Sozialhilfe bekommen. Weil damit könnten sie ja Lebensmittel einkaufen. Und daraus ein Mittagessen kochen. Und das ihrem Mann vorsetzen. Darf nicht sein. Es fällt nicht leicht, das zu glauben, aber einer heute ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zufolge war genau dies die Sichtweise der britischen Regierung. Das wird sich jetzt ändern müssen, denn der EuGH sieht das doch ein bisschen anders. Im Januar 2002 beschloss der UN Sicherheitsrat, dass alle Personen mit Verbindungen zu Taliban oder Al-Kaida auf eine Liste kommen und ihr gesamtes Vermögen eingefroren wird. Wer auf dieser Liste landet, soll keinen ... continue reading

Zahlen und fliegen? Oder regulieren und nicht fliegen?

Wenn ein Flugzeug in eine Vulkanwolke fliegt, fällt es runter. Das ist ein Risiko, das man vermeiden muss. Die Frage ist, wie. Die Europäer bewältigen Risiken durch Regulation: Da gibt es eine oder mehrere Behörden, die es messen und bewerten und gegebenenfalls ein Flugverbot verhängen. Die Amerikaner dagegen überlassen die Risikoeinschätzung im Zweifel den Betroffenen selbst: Die Fluggesellschaften entscheiden, ob geflogen wird oder nicht – und wenn sie dabei einen Fehler machen, dann zahlen sie Schadensersatz, und zwar richtig, richtig viel. In Europa trifft man oft auf smug faces, wenn von der amerikanischen Art des rechtlichen Risikomanagements die Rede ist. ... continue reading