Articles for tag: AusländerrechtEuGHFamilienrechtStaatsbürgerschaftUnionsbürgerschaft

Ruiz-Zambrano: Es lebe die Unionsbürgerschaft

Das epochale Ruiz-Zambrano-Urteil des EuGH ist, soweit ich sehe, von der deutschen Presse mal wieder weitgehend verschlafen worden. Die Süddeutsche jedenfalls hat eine winzige Notiz ganz unten in der Meldungsspalte Ausland, mehr nicht. Online finde ich auch weit und breit nichts dazu. Ruiz-Zambrano befiehlt den EU-Mitgliedsstaaten, ausländischen Eltern, deren Kinder durch Geburt in einem EU-Land dessen Staatsbürgerschaft erhalten haben, Aufenthalt und Arbeitsaufnahme zu erlauben, ganz egal, ob sie legal oder illegal ins Land gekommen sind. Denn die Kinder sind Unionsbürger, und sie wären am „tatsächlichen Genuss des Kernbestands“ dieses Rechts gehindert, wenn ihre Eltern, von denen sie abhängen, aus dem ... continue reading

Ungarn: Kinderwahlrecht in die Verfassung?

Die ungarische Regierung, die mit ihrer Zweidrittelmehrheit dem Land eine komplett neue Verfassung verpassen will, hat dabei auch Innovatives im Sinn. Eine der Dinge, über die sie nachdenkt, ist die Einführung eines Extra-Wahlrechts für Eltern im Namen ihrer Kinder. Das geht aus einem Fragenkatalog hervor, den die Regierung an sämtliche Ungarn verschickt hat, um die Präferenzen der Ungarn zu ausgewählten Fragen zu ermitteln. Das allein schon ist ein eigentümliches Verfahren: Ungarns Regierungspartei FiDESZ will kein Referendum für die neue Verfassung, weil sie ihren Wahlsieg im April 2010 als hinreichende demokratische Legitimation zur Verfassungsgebung interpretiert. Dass das ein bisschen dünn ist ... continue reading

Väter-Rechte: BVerfG rügt OLG-Familienrichter

Wozu deutsche Familienrichter fähig sind, lehrt eine heute veröffentlichte Einstweilige Anordnung aus Karlsruhe, dessen Sachverhalt mal wieder zu denen gehört, die mir einen Schauer den Rücken hinunter jagen. In dem Fall geht es um ein 8-jähriges Kind, das bei seiner alleinerziehenden Mutter lebte. Diese bekam aus nicht näher genannten Gründen das Sorgerecht entzogen, das Kind kam einstweilen in ein Heim und sollte dann zum Vater. Kaum war es dort angelangt, kam das OLG Celle und sagte, Moment! Der Streit um das Sorgerecht der Mutter sei noch ungeklärt, das Kind dürfe nicht „seiner Mutter entfremdet“ werden, also solle das Kind erstmal ... continue reading

BVerfG: Das Ende der „objektiven“ Auslegungsmethode?

Von MATTHIAS KÖTTER (Gastautor) Ende letzter Woche hat das Bundesverfassungsgericht den BGH in punkto nachehelicher Unterhalt in die Schranken gewiesen. Die Entscheidung dürfte aber  nicht nur Familienrechtlerinnen und Familienrechtlern Spaß machen. Denn im Grunde handelt es sich um eine Methoden-Entscheidung, die an uralte Fragen rührt und die teilweise zu überraschenden Einsichten führt. Denn: Erstens betätigt sich das BVerfG hier ziemlich unverblümt als Superrevisionsinstanz. Es weist diese Aufgabe − anders als in vielen ähnlich gelagerten Fällen − nicht weit von sich, sondern erfüllt sie vielmehr sorgfältig und nachvollziehbar. Den Ansatzpunkt für die Überprüfung der fachgerichtlichen Entscheidung ist Art. 2 I GG, ... continue reading

Scheidungsunterhalt: Quod licet BVerfG non licet BGH

An so einem Tag fällt es mir etwas schwer, mich auf Fragen des nachehelichen Unterhalts zu konzentrieren, aber der Verfassungsblogger ist von eiserner Disziplin, zumal das heutige BVerfG-Urteil tatsächlich ein ziemlicher Hammer ist. Ich mach es kurz, damit ich wieder Al-Jazeera kucken gehen kann: Die roten Roben vom Schlossbezirk haben den purpurnen Roben aus der Herrenstraße tüchtig einen eingeschenkt und sie der verfassungswidrigen Anmaßung gesetzgeberischer Kompetenzen geziehen. Das kommt nicht oft vor, selbst zwischen diesen beiden Institutionen, die eine lange und wechselvolle Geschichte des gegenseitigen Sichstreitigmachens der Rolle als Gericht Nr. 1 im Staate miteinander verbindet, und wird das Karlsruher ... continue reading

Friede auf Erden, und den Vätern ein Wohlgefallen

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat heute mal wieder ein Urteil für die Geschichtsbücher gefällt. Und dabei nebenbei eine BGB-Norm in Stücke gehauen, die nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts modelliert worden war. Das wird bestimmt in Karlsruhe wieder für eine prächtige Vorweihnachtsstimmung sorgen. In dem entschiedenen Fall geht es um einen nigerianischen Asylbewerber, der mit einer verheirateten Frau aus Deutschland eine Beziehung hatte und dabei Zwillinge zeugte. Vor der Geburt entschloss sich die Frau, in ihre Ehe zurückzukehren. Der Mann bekam seine Kinder nie zu Gesicht: Nach deutschem Familienrecht ist der Ehemann der Vater, wenn Kinder in einer Ehe ... continue reading

EGMR fällt weiteres Anti-Islam-Urteil

Ein Schulbeispiel, wie der herrschende Laizismusdiskurs einen blind machen kann für die eigentliche Menschenrechts-Problematik, ist das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), Şerife Yiğit vs. Türkei. In dem Fall geht es um eine türkische Witwe, die auf Witwenrente klagt, aber abgewiesen wurde, weil sie und der Vater ihrer sechs Kinder nach religiösem Ritus geheiratet hatten und nicht nach zivilem – was in der Türkei darauf hinausläuft, dass man überhaupt nicht verheiratet ist. Der EGMR kann darin weder eine ungerechtfertigte Diskriminierung noch eine Verletzung des Rechts auf Familienleben erkennen. Dass die Türkei nach islamischem Ritus geschlossene Ehen benachteiligt, diene ... continue reading

Monströse Fürsorge

Oh, Bundesverfassungsgericht, ich meckere viel herum an Dir, ich weiß. Aber wenn ich Entscheidungen wie diese lese, dann bin ich dermaßen froh, dass es Dich gibt! In dem Fall geht es um ein zwölfjähriges Mädchen. Sie lebt bei ihrem Vater, es geht ihr offenbar gut, sie ist gut versorgt, das Verhältnis zu ihrem Vater ist liebevoll. Sie selbst will mit allem Nachdruck bei ihm bleiben. Nun gibt es aber offenbar eine gerichtlich bestellte Sachverständige, die das Mädchen um jeden Preis ins Heim stecken will. Zu wenig Erziehung Der Grund: Es bedeute für das Kind eine Gefährdung seiner Entwicklung (…), wenn ... continue reading

Gleiches Recht für Väter

Elternzeit für Mütter zu ermöglichen, nicht aber für Väter ist diskriminierend und verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das ist die Quintessenz des letzte Woche ergangenen Urteils Markin vs. Russia des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und ist weniger selbstverständlich als es scheint. Der EGMR hat damit nämlich seine 1998 im Fall Petrovic eingeschlagene Linie korrigiert, wonach die Rechtslage in den Mitgliedsstaaten zu divers sei, um von einem gleichen Recht von Müttern und Vätern auf Erziehungsurlaub ausgehen zu können. „Society has moved“ Das, so der EGMR jetzt, habe sich seither geändert. Die Mehrheit der Europäischen Staaten (darunter Deutschland) gewähre Vätern und ... continue reading