Articles for tag: dissentFinanzverfassungsrechtFiskalpolitikHaushaltspolitikHaushaltsrechtSolidaritätszuschlag

Kreative Kassenführung à la Karlsruhe?

Nach den Sondervermögen nun ein Sondervotum: Das BVerfG bestätigte die Verfassungskonformität des sogenannten Solidaritätszuschlags, Richterin Wallrabenstein hält den „Kontrollanspruch des Senats darüber, ob vom Gesetzgeber angeführte Finanzbedarfe (fort)bestehen, [...] für verfehlt.“ Entscheidung und Sondervotum verdeutlichen ein grundlegendes Dilemma der „gespenstischen“ deutschen Finanzverfassungspolitik: Ihr zugleich überkonstitutionalisierter und erratischer Charakter macht sie störrisch gegenüber den globalen Umbrüchen der finanz- und geopolitischen Ökonomie, verführt genau darum aber diverse Interessenten zu verfassungsrechtlich innovativen Instrumentalisierungen.

Zahlen lügen nicht?

Der aktuelle Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 – als „in Zahlen gegossenes Regierungsprogramm“ – bietet Anlass, das eher nüchterne Zahlenwerk einer eingehenden verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Denn die Folgen eines verfassungswidrigen Haushalts können kaum überschätzt werden, wie das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 eindrucksvoll zeigte. Insbesondere die Höhe der im Entwurf ausgebrachten Globalansätze ist verfassungsrechtlich fragwürdig. Es liegt nahe, dass damit der Haushaltsgrundsatz der Klarheit und Wahrheit verletzt wird.

Finanzverfassungsrechtliches Mikado

Am vergangenen Freitag einigten sich die Spitzen der Ampel-Koalition (erneut) auf einen Bundeshaushaltsentwurf für das kommende Jahr 2025. Dem voran gingen nicht nur zähe politische Debatten innerhalb der Koalition. Auch das Verfassungsrecht spielte – mal wieder – eine hervorgehobene Rolle für die Haushaltspolitik der Bundesrepublik. Im Verlauf der Debatte um den nun vorgesehenen Entwurf, der im Laufe des Jahres vom Bundestag beschlossen werden soll, zeigt sich ein weiteres Mal der übermäßige Fokus haushaltspolitischer Erwägungen auf verfassungsrechtliche Normen.

Im staatsorganisationsrechtlichen Reallabor

Nicht nur auf Bundesebene gibt es Streit ums Geld. Im Vorfeld der Haushaltsberatungen in Thüringen werden nun Gedankenspiele laut, die Verabschiedung des Haushalts mit der Vertrauensfrage zu verknüpfen, um eine Mehrheitsentscheidung zu erzwingen. Spätestens wenn CDU, FDP und AfD gegen die Stimmen der Minderheitsregierung einen Gegenhaushalt durchsetzen, würde sich Ministerpräsident Ramelow wohl genötigt sehen, die Vertrauensfrage zu stellen. Was passiert dann?

Haushaltshoheit und Schuldenbremse

Viel war die letzten Wochen von einer Ampel als Zukunftsbündnis die Rede, das die großen Aufgaben unserer Zeit anpackt. Ob das gelingt, wird nicht zuletzt von der Ausrichtung der Finanzpolitik abhängen. Dekarbonisierung, Digitalisierung, Ausbau von Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur, Superabschreibungen, all das kostet Geld. Wir argumentieren, dass auch im Rahmen der Schuldenbremse eine zukunftsgerichtete Finanzpolitik möglich ist. Dazu bedürfte es einer Anpassung der Konjunkturkomponente.

Von aufgegessenen Torten und hohlen Gerechtigkeitssprüchen

Die große Sahnetorte ist aufgegessen. Lecker hat sie geschmeckt. Vielleicht ein bisschen schwer verdaulich und nicht besonders gut für den Cholesterinspiegel. Aber jedenfalls ist sie weg. Was tun wir jetzt? Wir könnten jetzt darüber reden, wer den Abwasch macht. Wir könnten auch darüber reden, ob einer loszieht und eine neue Torte kauft. Aber das tun wir alles nicht. Sondern wir streiten uns weiter über die Größe der Tortenstücke, als stünde das Ding noch auf dem Tisch wie eh und je. Die öffentliche Reaktion auf das Sparpaket der Bundesregierung hat etwas eigentümlich Hilfloses. Wir fuchteln mit Begriffen und Bewertungsmaßstäben herum, die ... continue reading

Stellt euch vor, wir schaffen überall Schuldenbremsen und keiner hält sich dran…

Sie gehört zu den wenigen Dingen, auf den die verblichene Große Koalition bis zuletzt stolz war: Die Schuldenbremse im Grundgesetz. Maximal 0,35% des BIP darf der Bund ab 2016 noch an neuen Krediten aufnehmen, um seine regulären Ausgaben zu decken. Die Länder (ab 2020) überhaupt nichts mehr. Die Schuldenbremse in der Verfassung  ist keine allein deutsche Erfindung: Die Schweizer haben schon länger eine, die Polen auch. Aber die Deutschen sind es, die derzeit die Idee so gut finden, dass sie sie auf ganz Europa ausgedehnt sehen wollen. Anders als bei einer Kontrolle der nationalen Haushalte durch EU-Organe könnte niemand mehr ... continue reading