Articles for tag: GewaltentrennungJustizPräsidentschaftswahlRegierungSupreme CourtUSA

Justice Clarence Thomas for President?

Die Washington Post hatte uns unlängst mit der Spekulation überrascht, Barack Obama könnte sich selbst für den Supreme Court nominieren. Jetzt landet das Politik-Blatt Nr. 1 der USA den nächsten Coup: Justice Clarence Thomas, der einzige Schwarze unter den Richtern des US Supreme Courts und womöglich Konservativste unter den konservativen Richtern, wäre ein ausgezeichneter Kandidat der Republikaner fürs Weiße Haus in den Präsidentschaftswahlen 2012. Klingt wie ein Witz, ist aber keiner. Verfassungsrechtsprofessor Barack Obama gegen Verfassungsrichter Clarence Thomas. Also, ich wäre schon mal dafür…

Noch ein EGMR-Urteil zur Religionsfreiheit: Auf die Bibel schwören oder nicht?

It’s Kruzifix-Urteil all over: Das Thema Staat und Religion ist ganz groß zur Zeit, und man könnte den Eindruck gewinnen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte alles tut, damit das so bleibt. In seiner jüngsten Entscheidung Dimitras wendet sich der EGMR gegen die griechische Regelung im Strafprozessrecht, in Gerichtssälen auf die Bibel schwören zu lassen. Bei näherem Hinsehen ist diese Entscheidung aber kein Zeichen laizistischen Eiferertums: Die Straßburger Kammer kommt zu dem Schluss, dass diese Regelung gegen die Glaubensfreiheit verstößt, nicht weil da eine Bibel im Spiel ist, sondern weil man, wenn man ohne Bibel schwören will, erklären muss, warum. ... continue reading

Ist Deutschland zu nett zu Folterknechten?

Der Kindermörder Magnus Gäfgen wird von der deutschen Justiz unmenschlich behandelt. Er ist Opfer eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK, das Folter und unmenschliche Strafen verbietet. Die beiden Polizisten, die ihn bedroht hatten, um das Leben seines Opfers zu retten, seien nicht hart genug bestraft worden. So die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heute. Die Bildzeitungs-Schlagzeile morgen will ich mir mal lieber nicht vorstellen. Folterverbot ohne Notstands-Vorbehalt In wünschenswerter Klarheit hat der EGMR klargestellt, dass es keine Ausnahme vom Folterverbot gibt, keine Interessenabwägung, keine Berufung auf einen noch so drastischen Notstand. Weder die Rettung von Menschenleben noch Volk ... continue reading

Vergangenheit, die nicht vergeht, lässt sich nicht amnestieren

To assert that it is a crime for a national prosecutor or investigating judge to act in this way, particularly where the allegation being investigated concerns the disappearance of persons and has continuing effects, is obviously wrong and is detrimental to the rule of law. So neun renommierte International Lawyers gestern in einem Brief an den Guardian. Es geht um Baltazar Garzon, den furchtlosen spanischen Untersuchungsrichter, den ein spanisches Gericht wegen Verdachts auf Rechtsbeugung vom Amt suspendiert hat, weil trotz Amnestie versucht hat, Verbrechen aus der Franco-Ära aufzuklären. Das Schlüsselwort ist „continuing effects“, kommentiert K.J. Heller auf Opinio Juris den ... continue reading

Bet-Verbot in der Schule: Stop obsessing about religion!

Eine Schule darf ihren muslimischen Schülern verbieten, in der Pause zu beten? In der Tat, das darf sie, und das hat nicht etwa ein türkisches oder französisches Gericht geurteilt, sondern das Oberverwaltungsgericht Berlin. Wie der Zufall will, hat justament gestern Abend der kanadische Philosoph Charles Taylor in der Humboldt-Universität einen Vortrag zum Thema Sekulare Gesellschaft gehalten, der mir bei der Beurteilung dieses Falls wie gerufen kommt. Taylor unterscheidet zwei Sekularismus-Modelle: Das „control model“ und das „diversity model“. Control vs. diversity Beim „control model“ geht es darum, den Einfluss der Kirche in der Politik zu minimieren. Die französische Laicité hat hier ... continue reading

Liberaler Silberstreif im US-Strafrechtssystem

Ein Minderjähriger, der niemanden getötet hat, darf nicht bis an sein Lebensende hinter Gitter geschickt werden. Das klingt für unsere europäischen Ohren erst mal ziemlich selbstverständlich, für die USA ist das gestrige Urteil des US Supreme Court aber ein riesiger Schritt: Denn anders als erwartet hat der SC damit zum ersten Mal überhaupt eine bestimmte Strafe unterhalb der Schwelle der Todesstrafe für eine bestimmte Klasse von Tätern für verfassungswidrig erklärt. Terrance Graham wuchs in einem Crack-Haus auf, begann mit neun zu rauchen und zu trinken und mit 13 zu kiffen. Er war 16, als er mit ein paar Kumpels einen ... continue reading

Peter M. Huber soll Nachfolger von Di Fabio werden

Im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts werden, was das Europarecht betrifft, die Karten in den nächsten Monaten neu gemischt. Laut Geschäftsverteilung ist Siegfried Broß für europarechtliche Fragen zuständig,  Udo Di Fabio kommt über das Völker- und das Parlamentsrecht ins Spiel. Letzterer gehört intellektuell so oder so zu den großen Schwergewichten des Senats – eine der vielen Dinge, die er mit Paul Kirchhof gemeinsam hat, dessen Sitz er übernommen hat. Broß und Di Fabio verstehen beide in Hinblick auf die EU nicht viel Spaß. Broß würde ich als handfesten Euroskeptiker bezeichnen, siehe sein Sondervotum beim EU-Haftbefehl. Di Fabio ist von anderem intellektuellem ... continue reading

Obama wird Elena Kagan nominieren

So melden alle möglichen Medien. Keine Überraschung: Die frühere Dekanin der Harvard Law School und jetzige Vertreterin von Obamas Regierung vor dem Supreme Court war als wahrscheinlichste Kandidatin für die Nachfolge von John Paul Stevens gehandelt worden. Elena Kagan hatte noch nie ein Richteramt inne. Das scheint der einzige Punkt zu sein, der an ihr kontrovers sein könnte. Es wird wohl kein großes Gezeter geben um ihre Nominierung, vermuten die Experten. Bemerkt wird, dass auf den letzten Protestanten unter den SC-Richtern Stevens kein Protestant nachfolgt, sondern der SC künftig aus sechs Katholiken und drei Juden bestehen wird. Aber kaum jemand ... continue reading

Verfassungs-Imbroglio in Frankreich

Frankreich hat vor kurzem eine gewaltige Verfassungsreform durchlaufen, deren spektakulärster Part die Einführung einer verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle ist. Zuvor gab es eine Überprüfung von Gesetzen am Maßstab der Verfassung nur während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens. Hatte das Parlament einmal abgestimmt, war das Gesetz durch keinen Richterspruch mehr umzustoßen. Das war, genauso wie in Großbritannien, nicht nur irgendein Verfassungsdetail, sondern kennzeichnend für die französische Verfassungskultur: Was das demokratisch gewählte Parlament sagt, ist der „volonté génerale“ des Volkes und hat von den Richtern umgesetzt, aber nicht an höheren Maßstäben kontrolliert zu werden. Um so revolutionärer ist, dass Art. 61-1 der französischen Verfassung nunmehr folgendes ... continue reading

Fehlurteile, und woran man sie erkennt

An der FU Berlin läuft ein spannendes und spektakuläres Forschungsprojekt, das auch die Leser des Verfassungsblogs interessieren müste: www.watchthecourt.org. Es handelt sich um einen Blog unter Federführung des Zivil- und Zivilprozessrechtlers Martin Schwab: Es gibt Urteile von Gerichten, die schlichtweg nicht nachvollziehbar und auf den ersten Blick rechtswidrig sind. Diese führen dazu, dass Anwälte in Erklärungsnot kommen können, da sie ihrem Mandanten die offensichtliche Rechtslage nicht mehr vermitteln können. Gerichtsprozesse, die für die Beteiligten meistens ebenfalls eine Belastung darstellen, verlängern sich und höhere Instanzen müssen ein Prozess neu verhandeln, der bei sauberer Arbeit der unteren Instanzen längst abgeschlossen wäre. Außerdem ... continue reading