Articles for tag: MeinungsfreiheitÖffentlichkeitPersönlichkeitsrechtPolitische Bildung

Karlsruhe lädt Sarrazin zum Klagen ein

Heute hat der Bannstrahl aus Karlsruhe eine Institution getroffen, der meine ganze Sympathie gehört: die gute brave Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) nämlich. Die mit den schönen schwarzen Heftchen. Die mit den tollen Büchern in scheußlichen Pappeinbänden zum Abholerpreis. Die mit dem fantastischen Wahl-o-mat. Die BpB lässt im Bertelsmann-Verlag die Zeitschrift Deutschland-Archiv erscheinen, eins der wichtigsten Organe für zeithistorische Forschung zu deutsch-deutschen Themen. Diese Zeitschrift brachte 2004 einen Aufsatz des Politikwissenschaftlers Konrad Löw mit dem Titel „Deutsche Identität in Verfassung und Geschichte“. Den Artikel findet man hier. Ich habe ihn durchgelesen, was mir nicht leichtgefallen ist. Ich hatte die ganze ... continue reading

Von der Freiheit, nicht mit jedem Knallkopf in einem Verein sein zu müssen

(c) Valeria C. Pressler, Flickr Creative Commons FAZ-Herausgeber Berthold Kohler ängstigt sich um die Meinungsfreiheit in Deutschland: Linke Gesinnungsvögte sieht er durchs Land ziehen und jeden, der nicht genau das sagt, was sie für sagenswert halten, brutal zum Schweigen bringen. Ihre Methode nennt Kohler die „Methode Ausschlussandrohung“: Wer abweichend denke und rede, müsse damit rechnen, hinausgeworfen zu werden. Und so klagt Kohler mit zarter Anspielung auf die linke Ikone Rosa Luxemburg an: „Die Freiheit des Andersdenkenden war einmal“. Ob Hohmann, Clement, Sarrazin oder Steinbach: In keinem dieser Fälle wurde aufgedeckt, dass gegen ein Strafgesetz verstoßen worden ist, wettert der Frakturschrift-Leitartikler. ... continue reading

Sarrazin aushalten

Thilo Sarrazin verbreitet kryptorassistischen Blödsinn. Er tourt damit durch Deutschland und lässt sich als „Volksheld“ bejubeln. Er schließt die Dynamitblöcke Minderheiten, Bevölkerungspolitik und Vererbungslehre miteinander kurz, als hätte es Adolf Hitler nie gegeben, und freut sich, wenn es funkt und kracht und die Fetzen fliegen. Er faselt über ein „jüdisches Gen“ und sagt danach flugs Tschuldigung, damit ihn niemand dafür zur Verantwortung zieht. Die Bildzeitung zitiert ihn auf Seite 1 damit, dass er einen jüdischen Fernsehmoderator ein „Arschloch“ nennt. Dass der Mann dem Ansehen der Institution schadet, für die er arbeitet, liegt auf der Hand. An guten, handfesten Gründen, ihn ... continue reading

Free Speech schützt das Recht, zu lügen

Ein US-Gericht hat ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt, das unter Strafe stellt, mit erfundenen militärischen Auszeichnungen zu prahlen: … given our historical skepticism of permitting the government to police the line between truth and falsity, and between valuable speech and drivel, we presumptively protect all speech, including false statements, in order that clearly protected speech may flower in the shelter of the First Amendment. Wenn man Lügen unter Strafe stellt, müsse es sich schon um Fälle handeln, wo damit Schaden angerichtet wird, schreiben die Richter des Ninth Circuit Court of Appeals. Angeberei mit erfundenen Auszeichnungen schade niemandem außer dem Prahler ... continue reading

Auch Abtreibungsgegner haben Rechte

Wer einen kontroversen Beruf ausübt, muss etwas aushalten können – auch, dass sich vor seiner Tür Eiferer postieren und ihn mit Namen und ad personam anprangern. Auf diesen Standpunkt stellt sich das Bundesverfassungsgericht in seiner heute veröffentlichten Kammerentscheidung zur Meinungsfreiheit eines militanten Abtreibungsgegners. Der Kläger pflegte sich vor gyäkologische Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, mit Plakaten und Flugblättern auf die Straße zu stellen und Frauen, die er für mögliche Patientinnen hielt, anzusprechen und ihnen seine religiösen Überzeugungen aufzudrängen. Das wollte ein betroffener Arzt nicht hinnehmen und erwirkte beim LG München einen Beschluss, der dem Kläger verbot, öffentlich – auch im Internet ... continue reading

Das plebiszitäre Dilemma – Transparenz oder Datenschutz?

Apropos Homo-Ehe: Heute hat der US Supreme Court den Fall Doe vs. Reed entschieden, über den ich hier schon mal berichtet habe – ein Fall, der die Schwierigkeit, in Zeiten des Internet zwischen demokratischer Transparenz und Datenschutz zu balancieren, auf den Punkt bringt wie kein zweiter. Noch mal kurz zur Erinnerung: Es geht um ein Plebiszit konservativer Familienschützer gegen die Legalisierung der Homo-Ehe in Washington State. Aktivisten für die Homo-Ehe hatten die Unterschriften unter dieses Plebiszit im Internet veröffentlicht. Das fanden die Unterzeichner nicht komisch, weil sie Repressalien befürchteten. Das Votum der Richtermehrheit, verfasst von Chief Justice Roberts, ist eng ... continue reading

Google-Löscher: Deutschland auf Rang 2

Google hat ein neues Tool online gestellt: Government Requests. Das Tool zeigt an, welche Länder in 2009 wie oft Userinformationen angefordert haben bzw. Inhalte gelöscht haben wollten. Überraschung: Bei den Löschanfragen liegt Deutschland auf Rang 2. Nach Brasilien. Und ein ziemliches Stück vor Indien und den USA. 94 Prozent der Anfragen wurden auch umgesetzt. Das Gros davon bezog sich auf Suchergebnisse und YouTube-Videos. Nur offizielle Anfragen wurden gezählt, also keine privaten Urheber-Anfragen, kopierte YouTube-Filme vom Netz zu nehmen. Warum sind das bei uns so viel mehr als anderenorts?

US-Tierporno-Urteil: Nur gucken, nicht anfassen

Tierschutz ist schön und wichtig. Aber die Meinungsfreiheit ist wichtiger. Der US Supreme Court hat in seinem gestrigen Urteil US vs. Stevens ein Bundesgesetz gekippt, das das Herstellen, den Vertrieb und den Besitz von Tierquäl-Videos verbietet und unter Strafe stellt. Argument: Free Speech. Der Gesetzgeber dürfe zwar Tierquälerei verbieten. Aber die Abbildung von Tierquälerei nicht (jedenfalls nicht in solcher Breite). Das Argument, der Schutz für freie Rede müsse mit den sozialen Kosten der jeweiligen Rede abgewogen werden, ließ Chief Justice Roberts, der das Urteil verfasst hat, nicht gelten: Man könne nicht einfach bestimmte Dinge, die jemand sagt, vom Schutz der ... continue reading

BVerfG: Gute Nachrichten für Blogger

Das Bundesverfassungsgericht hat das Landgericht Berlin in punkto Meinungsfreiheit eingenordet: Aggressive, zugespitzte, subjektive, personalisierende Anpranger-Berichterstattung – mit anderen Worten: Blogs – kann man nicht ohne weiteres unter Berufung auf das Persönlichkeitsrecht verbieten lassen. Ein Website-Betreiber – offenbar ein Blogger, welcher Provenienz ist mir nicht ganz klar – hatte Ärger mit einem Anwalt, über dessen Treiben im Zusammenhang mit einem Bankskandal oder dergleichen er auf seiner Website berichten wollte. Es gab einen einigermaßen unfreundlichen Schriftwechsel, aus dem der Blogger zitierte – was ihm der Anwalt mit Hilfe des LG Berlin prompt verbot: Persönlichkeitsrecht, so das Landgericht – der Anwalt werde durch ... continue reading