Articles for tag: DesinformationNetzDG

Schutz vor Verletzung von Persönlichkeitsrechten und „Desinformation“ in sozialen Medien unter Bedingungen der politischen Polarisierung

Für den Schutz vor Persönlichkeitsverletzungen in Medien wie Twitter und Facebook gilt im Wesentlichen und kaum verändert das auf den Schutz des Individuums eingestellte Äußerungsrecht, wie es seit vielen Jahrzehnten besteht. Das deutsche NetzDG und der europäische Digital Services Act (DSA) ergänzen dies um eine quantitative kollektive Dimension: Für den Schutz gegen die große Zahl der rechtswidrigen Äußerungen im Internet wird eine Art Rasenmäher-Prinzip entwickelt, das vor allem schnelle Löschungen durch Provider erzwingen soll. Dies ist nicht der richtige Ansatz.

The War in Ukraine, Fake News, and the Digital Epistemic Divide

The ongoing war in Ukraine sheds light on crucial challenges of our digital media landscape. The social media-driven “(mis)information wars” surrounding the Russian invasion expose a growing epistemic divide running through liberal democracies. The regulatory focus on truth, with measures like fact-checking, serves little to cure the larger problems behind this. We should rather use the power of the law to devise new modes of intelligent speech regulation mimicking the functions formerly played by the centralized set-up of communication conditions.

Lektion erteilt, Lektion gelernt

Für letztes Jahr angekündigt, gestern veröffentlicht: die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat über die Verfassungsbeschwerde von Renate Künast entschieden, mit der sie zivilrechtliche Urteile des Landgerichts und Kammergerichts Berlin angriff. Konkret ging es um 22 Facebook Kommentare, gegen deren Autor:innen Künast Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche durchsetzen wollte. Die Entscheidung lässt hoffen, dass Fachgerichte im Umgang mit (sexualisierter) Hassrede sorgfältiger arbeiten.

Don’t shoot the Messenger

Die deutsche Politik hat Telegram als zentrales Problem für den gesellschaftlichen Frieden entdeckt. Die Nutzung von Telegram zur Verbreitung von Mordaufrufen und Beleidigungen, zur Organisation (auch) rechtswidriger Demonstrationen und schließlich zur Planung von Attentaten führte dazu, dass die neue Bundesinnenministerin Faeser (SPD) und auch Justizminister Buschmann (FDP) ein energisches Vorgehen gegen Telegram ankündigen. Weil die Kontrolle privater Kommunikation eine auch in anderen Kontexten immer stärker werdende Forderung in gesetzgeberischen Vorhaben ist, sollen noch einmal auf die äußerst engen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür hingewiesen werden.

YouTube vs. das NetzDG

Nachdem es hierzu in den vergangenen Tagen schon Gerüchte gab, hat das Verwaltungsgericht Köln heute bestätigt, dass Google Ireland Limited, welche YouTube betreibt, in der Hauptsache negative Feststellungsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem VG Köln erhoben und parallel Eilrechtsschutz beantragt hat. Google möchte klären,  dass der neue § 3a NetzDG (sog. BKA-Meldepflicht) sowie der neue § 4a Abs. 3 NetzDG (Auskunftspflicht des Anbieters im Aufsichtsverfahren) unwirksam sind, beziehungsweise hieraus keine Pflichten für YouTube folgen. Wenn YouTube hier Erfolg hat, könnte das wohl das ganze NetzDG zu Fall bringen.

The rebirth of Malaysia’s fake news law – and what the NetzDG has to do with it

On 11 March 2021, the Government of Malaysia issued the Emergency (Essential Powers) (No. 2) Ordinance 2021. It criminalizes the dissemination of fake news related to COVID-19 and is an aggravated reincarnation of the country’s repealed Anti-Fake News Act of 2018. More importantly, from a German perspective, it continues the trend of anti-fake news legislation that is mistakenly associated with the German Network Enforcement Act, which has become the involuntary godmother of several such laws around the world, lending legitimacy to the global war on fake news.

Marktplätze, soziale Netzwerke und die BVerfG-Entscheidung zum „III. Weg“

Auf dem Marktplatz ist es klar: Wer gestern beleidigt hat, darf morgen trotzdem noch seine Meinung sagen. Anders im digitalen Raum: hier führen Verstöße gegen „Gemeinschaftsstandards“ nicht selten zur Sperrung für die Zukunft. Dann sind aber auch zulässige Beiträge nicht mehr möglich, es erfolgt der Ausschluss aus dem digitalen öffentlichen Raum. Die Grundlagen für solche Sperrungen sind vielfältig und oft nur eingeschränkt nachvollziehbar. So machte in den letzten Wochen #twittersperrt Furore, aber auch schon zuvor war das Sperren und Löschen durch soziale Netzwerke Gegenstand diverser zivilgerichtlicher Verfahren. Nun hat sich erstmals das BVerfG dazu geäußert, und es deutet sich an: Die Fraport- und die Stadionverbot-Entscheidung bekommen ein digitales Pendant.

Put it back: Ein Vorschlag für ein NetzDG, das die Meinungsfreiheit wahrt

Das „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken“ (NetzDG) wird von vielen für unionsrechts- und grundgesetzwidrig gehalten, vor allem in Hinblick auf die Meinungs- und Informationsfreiheit. Um die einseitige Ausrichtung des NetzDG auf das Löschen von Inhalten auszugleichen, wird insbesondere angemahnt, sog. Put-back-Verfahren zu installieren, also Verfahren, in denen der Nutzer eines sozialen Netzwerks die Wiederherstellung gelöschter, aber von der Meinungsfreiheit gedeckter Beiträge erreichen kann. Hierzu ein konkreter Gesetzgebungsvorschlag.

The German NetzDG: A Risk Worth Taking?

While the NetzDG is unlikely to resolve all challenges surrounding social media and freedom of expression, and undoubtedly presents a certain risk of stifling expression online, I believe it is nonetheless a significant step in the right direction. Rather than undermine freedom of expression, it promises to contribute to more inclusive debates by giving the loud and radical voices less prominence. In any case, it appears reasonable to let this regulatory experiment play out and observe whether fears over a ‘chilling effect’ on free expression are borne out by the evidence.