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Nikolaus 2.0

Unter der Überschrift „Corona“ wurde letztlich lange Geplantes politisch durchgesetzt – ohne Vertragsänderung. Insofern ist es kein Wunder, dass die Frage nach der Primärrechtskonformität von NextGenerationEU aufgeworfen wurde. Ebensowenig ist die Befassung des BVerfG erstaunlich, denn der Rechtsweg zum EuGH ist schwierig, wenn die Beteiligten einig sind, ein Programm ins Werk zu setzen, auch dann, wenn die Einigung kompromisshafte Züge hat.

A Relieving Decision

With its interim decision of 15 April 2021, the German Federal Constitutional Court has paved the way for ratification of the 2020 Own Resources Decision by the German side. At the same time, the Court shows that it will apply the well-known constitutional standards in the main proceedings, possibly – this is only a guess – concentrated on the ultra vires review, which allows the all-important dialogue with the ECJ to continue in the framework of a preliminary ruling procedure.

Die Relativierung der ultra-vires-Kontrolle im Eilrechtsschutz

Zeigt sich in der Eilentscheidung zu "Next Generation EU" tendenziell eine Zurücknahme der Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts gegenüber europäischen Rechtsakten? Worin genau besteht diese Zurücknahme der Kontrolle? Die Spielräume des Gerichts im Hauptsacheverfahren dürften größer sein, als es die ersten Reaktionen vermuten lassen. Allerdings zeigt der Verzicht auf eine summarische Prüfung beim Eilrechtsschutz im Rahmen von ultra-vires-Rügen, dass das Bundesverfassungsgericht es hinnimmt, dass potentiell kompetenzwidrige Unionsrechtsakte zumindest vorübergehende Rechtswirkungen entfalten.

Greatness and Tragedy

The "Next Generation EU" project (NGEU) will lead to a fundamental change in the architecture, political structure, and “finalité” of the integration process. In its scope and depth, it is even comparable to the Maastricht reform. Against this background, should and could the German Federal Constitutional Court (BVerfG) step in to protect Germany´s "constitutional identity"?

Eine erleichternde Entscheidung

Mit seinem Eilbeschluss vom 15. April 2021 hat das Bundesverfassungsgericht den Weg zur Ratifikation des Eigenmittelbeschlusses 2020 von deutscher Seite geebnet und den Weg zur Auszahlung der NGEU-Mittel frei gemacht. Zugleich zeigt das Gericht auf, dass es die hergebrachten verfassungsrechtlichen Maßstäbe im Hauptsacheverfahren anwenden wird, möglicherweise – dies nur eine Vermutung – konzentriert auf die Ultra-vires-Kontrolle, die es im Gefüge des Vorabscheidungsverfahrens erlaubt, den so wichtigen Dialog mit dem EuGH fortzusetzen.

Größe und Tragik

Das Projekt „Next Generation EU“ wird zu einer grundlegenden Veränderung der EU führen. Sie reicht in ihrer Reichweite und Tiefe an den großen Reformschritt „Maastricht“ heran. Der Beschluss des BVerfG, keine Eilverfügung gegen die Ratifizierung des Eigenmittelbeschluss-Gesetzes zu erlassen, zeigt – wie in einem Brennglas – Größe und Tragik des Anspruchs des BVerfG, eine von ihm immer erst zu definierende Verfassungsidentität gegen die EU-Organe und die politisch handelnden Verfassungsorgane schützen zu wollen.

To Save the Rule of Law you Must Apparently Break It

The interpretative declaration of 10 December 2020 is set to go down in history as a dark page for the rule of law in the Union legal order. Regardless of whether this document will be challenged before Court in the coming sixty days, it represents an unprecedented attempt by the Member States to disregard the rule of law as their dominant organisation principle. The Union being a “Community based on the rule of law”, its members paradoxically seem to have damaged the Union in their effort to save it.