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Das Politische im Strafrecht stärken

Strafrecht gerät ins Rutschen – nicht, weil es politisch wird, sondern weil es das Politische verliert. Technokratische Verdrängung und affektive Überhitzung spielen autoritären Kräften gezielt in die Hände. Sie schmieden ein regressives Strafrecht, gegen Pluralität, Dissens und das „Andere“. Was also tun? Es gilt, das Politische im Strafrecht zu stärken: nicht als parteipolitisches Kalkül, sondern als emanzipatorisches Projekt.

Mythos Wertefundament

In einer Gesellschaft, die sich über alles Mögliche mit zunehmender Aggressivität streitet, scheint das Grundgesetz, dessen 75. Geburtstag jetzt allenthalben begangen wird, eine Art letzter Fixpunkt des Konsenses zu sein. Man hält sich an ihm fest und ist dafür dankbar. Dies ist auch deswegen erstaunlich, weil dieses Grundgesetz ja nicht sonderlich weit entfernt vom politischen Streit operiert. Es ist kein viel geliebtes Kulturgut wie die Bilder Caspar David Friedrichs oder die deutsche Nationalmannschaft in ihren besseren Zeiten, sondern das Medium in dem und um das gestritten wird. Tatsächlich gibt es viele Indizien dafür, dass es mit dem Konsens um das Grundgesetz nicht weit her ist.

Wissenschaftsfreiheit als Pflicht zur Ergebnisoffenheit

Es gehört zur Daseinsberechtigung und Aufgabe der Wissenschaft, dass sie sich in den Dienst der Gesellschaft stellt und somit auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Diese Aufgabe der Forschenden, ihre Forschung in den demokratischen Diskurs einzubringen, darf jedoch nicht dazu führen, dass die Integrität der Wissenschaft als grundrechtlich geschütztes Gut relativiert wird.

Zwischen Chefberater und freiem Meinungsmarkt

Es ist offenkundig, dass das zur Pandemiebekämpfung notwendige medizinische und epidemiologische Spezialwissen in Kernexekutiven nicht vorhanden ist und deshalb von außen dem Entscheidungsprozess zugeführt werden muss. Dies passiert in unterschiedlichen politischen Systemen auf sehr verschiedene Weise. Aber wie sehen die Beratungsstrukturen grundsätzlich aus und wie agierten sie in der Pandemiekrise der letzten 12 Monate? Diese Frage soll im folgenden aus vergleichender Perspektive mit einem Blick auf die Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien und die Vereinigten Staaten beantwortet werden.

Kritik ist kein Selbstzweck

Wir werden in ein paar Monaten einander wahrscheinlich viel verzeihen müssen. Diesen hier sinngemäß zitierten Satz hat Jens Spahn bei einer Regierungsbefragung zu den ersten Maßnahmen zur Eindämmung der Covid 19-Pandemie im Frühjahr 2020 gesagt. Ich denke, dass sich auch die Staatsrechtslehre davon angesprochen fühlen sollte.

Dogmatiker als Experten

Ist das Verhältnis zwischen politischen Organen und Verfassungsrechtswissenschaft von wachsenden Irritationen gekennzeichnet? Die jetzt geführte Debatte hat einen konkreten Anlass, nämlich die Novellierungen des IfSG im Rahmen der Pandemiepolitik. Sie betrifft jedoch ein strukturelles Problem, das Ursachen sowohl in der Eigenrationalität des politischen Willensbildungsprozesses als auch im Rechtssystem hat. Überdies hat sich die deutsche Rechtswissenschaft weitgehend einem Rechtswissenschaftsverständnis verschrieben, das rechtspolitische Expertise einengt. Die nachfolgenden thesenhaften Analysen betreffen nicht den konkreten Anlass, schon gar nicht das Handeln derjenigen Rechtswissenschaftler und Rechtswissenschaftlerinnen, die sich die Mühe gegeben haben, Rat zu geben. Mein Interesse gilt der strukturellen Perspektive und der Frage, wie sich ein fruchtbarer rechtspolitischer Diskurs herstellen lässt, der den Systemrationalitäten von Rechtswissenschaft und Rechtspolitik gerecht wird.

Merkel, Tsipras und die Schwierigkeit, das offensichtlich Richtige zu tun

In dem aktuellen Drama um Griechenland sehen sich zwei europäische Politiker mit der Erwartung konfrontiert, etwas offensichtlich Richtiges, aber gleichzeitig offenkundig Unmögliches zu tun. Alexis Tsipras soll aus Griechenland endlich einen funktionalen Staat machen, Angela Merkel soll Griechenland endlich aus der Schuldenfalle rauslassen. Wenn das so offensichtlich ist, warum tun sie es dann nicht? Ein großer Teil der Öffentlichkeit übt sich in personalisierender Kompetenz- und Motivationsdiagnostik. Ich halte einen anderen Punkt für interessanter.